Süddeutsche Zeitung

Debatte um Steuersenkungen:Grüne zweifeln an Finanzkompetenz der CDU

  • Grünen-Parteichefin Simone Peter lehnt Unionspläne nach Steuersenkungen ab.
  • Peter möchte die Steuermehreinnahmen für Investitionen in Umwelt, Bildung und Infrastruktur nutzen.
  • Auch SPD und Linke kritisieren das Konzept von CDU/CSU.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Grünen lehnen die Pläne der Union nach massiven Steuersenkungen in der nächsten Legislaturperiode ab. "Die vermehrten Rufe aus der Union nach Steuersenkungen lassen an deren Finanzkompetenz zweifeln", sagte Parteichefin Simone Peter am Sonntag der Süddeutschen Zeitung. Deutschland habe "einen gigantischen Schuldenberg der öffentlichen Hand und einen riesigen Investitionsstau" zu bewältigen. Letzterer betrage allein bei den Kommunen etwa 136 Milliarden Euro.

Peter reagierte auf die Ankündigung von Unionsfraktionschef Volker Kauder, der in der Bild am Sonntag für die nächste Legislaturperiode "größere Steuererleichterungen" angekündigt hatte. "Ich kann mir eine Entlastung um die 15 Milliarden Euro im Jahr vorstellen", sagte Kauder. Vor allem Familien und Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen sollten profitieren.

Die Absage der Grünen-Chefin an die Steuersenkungspläne der Union deutet darauf hin, dass die als mögliche künftige Koalitionspartner im Bund gehandelten Parteien in zentralen Themen noch entgegengesetzte Ansätze verfolgen. Zwar wollen auch die Grünen vor allem Familien entlasten, allerdings, so Peter, "in erster Linie mittels sozial-und familienpolitischer Leistungen". Die Co-Parteichefin fordert deshalb, die Steuermehreinnahmen für Investitionen in Umwelt, Bildung und Infrastruktur zu nutzen.

Während die Unionspläne auf eine Netto-Entlastung der Bürger hinauslaufen, setzen die Grünen darauf, die Einnahmen umzuverteilen. Zudem gibt es Überlegungen, soziale Leistungen über eine Steuer für sogenannte Superreiche gegenzufinanzieren. Diese Steuer ist in der Partei allerdings noch umstritten.

18 Milliarden mehr Einnahmen als Ausgaben

Anlass für die Debatte um finanzielle Entlastungen sind die Überschüsse in Bund und Ländern. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat Deutschland etwa 18 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Damit setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort, in denen jährlich zwischen 20 und 30 Milliarden Euro mehr als erwartet in die Kassen gespült wurden.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im September 2017 überlegen die Parteien, wie das zusätzliche Geld ausgegeben werden kann. Die Union steht ungewöhnlich geschlossen hinter den bereits im Mai von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble angeregten Steuersenkungen. Die vorgeschlagene Entlastung in Höhe von 15 Milliarden Euro jährlich entspricht diesen Überlegungen. Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte, er freue sich, "dass wir jetzt ein Thema haben, bei dem CDU und CSU an einem Strang ziehen".

Die SPD lehnt "gigantische Steuersenkungen" ab. Parteichef Sigmar Gabriel plädierte am Sonntag in Berlin dafür, den Spitzensteuersatz erst bei höheren Einkommen beginnen zu lassen. Die Sozialdemokraten wollen darüber hinaus Arbeitnehmer über niedrigere Sozialbeiträge entlasten. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte, Steuererleichterungen müssten einhergehen "mit einer deutlich höheren Belastung der Superreichen und Konzerne", um in Infrastruktur, Bildung sowie in Projekte gegen Kinder- und Altersarmut investieren zu können.

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SZ vom 29.08.2016/mkoh
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