Süddeutsche Zeitung

USA:Trump verspottet Kavanaugh-Anklägerin

  • Bei einer Wahlkampfveranstaltung hat sich US-Präsident Trump über Christine Blasey Ford lustig gemacht, die dem Richterkandidaten Brett Kavanaugh versuchte Vergewaltigung vorwirft.
  • Beobachter gehen davon aus, dass Trump damit einen Strategiewechsel einläutet, um die republikanische Wählerbasis für die Kongresswahlen zu mobilisieren.

US-Präsident Donald Trump hat öffentlich die Frau verspottet, die seinem umstrittenen Richterkandidaten Brett Kavanaugh eine versuchte Vergewaltigung vorwirft. Trump machte sich bei einem Wahlkampfauftritt im US-Bundesstaat Mississippi über die Erinnerungslücken von Christine Blasey Ford lustig. Sie hatte vorige Woche zu ihrem Vorwurf über einen 36 Jahre zurückliegenden sexuellen Übergriff durch Kavanaugh vor dem Justizausschuss des Senats ausgesagt.

Trump parodierte die Anhörung, indem er mit dem Satz "Ich habe ein Bier getrunken, richtig?" auf den Wortwechsel anspielte, und setzte hinzu: "'Wie sind Sie (nach dem angeblichen Übergriff) nach Hause gekommen?' - 'Ich kann mich nicht erinnern.' 'Wie sind Sie dorthin gekommen?' - 'Ich kann mich nicht erinnern'", imitierte er Ford. Er fuhr vor jubelnden Anhängern mit diesem nachgestellten Frage-und-Antwort-Spiel fort und sagte dann: "'Aber ich habe ein Bier getrunken. Das ist das einzige, woran ich mich erinnere.' Und das Leben eines Mannes ist ruiniert. Das Leben eines Mannes ist zerstört."

Spott, um die Wähler zu mobilisieren

In vielen Medien wird dies als Strategiewechsel im Umgang mit den Anschuldigungen gegen Kavanaugh und die Kontroverse um seine Kandidatur für den Obersten Gerichtshof gedeutet. Bisher hatte Trump Ford als "sehr glaubwürdige Zeugin" bezeichnet, zugleich aber erklärt, dass er Kavanaughs Dementi Glauben schenke. Beobachter werteten den Spott über Ford als Bemühen, vor den Kongresswahlen im November seine Wählerbasis zu mobilisieren, die sich vor allem aus weißen Männern zusammensetzt. Vieles deutet darauf hin, dass der Widerstand gegen seine Präsidentschaft viele Anhängerinnen der Demokraten hat aktiv werden lassen.

Ein Anwalt des mutmaßlichen Opfers äußerte scharfe Kritik an Trump. Der Präsident habe eine "bösartige, abscheuliche und seelenlose Attacke" auf seine Mandantin losgelassen, twitterte der Jurist Michael Bromwich. Ford habe sich mit "bemerkenswerte Courage" profiliert, während Trump für ein "Profil der Feigheit" stehe.

Eine von fünf Frauen wird Opfer einer Vergewaltigung

Trump war bei einer späteren Rede auch symbolisch in die Rolle eines Sohnes geschlüpft, der mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert wird und seine Mutter um Rat bittet. Es sei "eine beängstigende Zeit für junge Männer", die zum Ziel falscher Beschuldigungen werden könnten, hatte der US-Präsident zuvor gesagt. Er finde es beunruhigend, dass Menschen "automatisch für schuldig" gehalten würden und ihre Unschuld beweisen müssten. Auf die Frage nach einer Botschaft für die amerikanischen Frauen sagte Trump: "Den Frauen geht es sehr gut."

Eine Studie einer US-Behörde zur Gesundheitsvorsorge kommt zu dem Ergebnis, dass in den USA etwa eine von fünf Frauen Opfer einer versuchten oder vollzogenen Vergewaltigung wird. Die #metoo-Bewegung wird Mitte Oktober ein Jahr alt.

Blasey Ford wirft Kavanaugh vor, im Sommer 1982 auf einer Teenagerparty versucht zu haben, sie zu vergewaltigen. Trumps Kandidat für den Supreme Court weist die Vorwürfe entschieden zurück. Allerdings haben zwei weitere Frauen ähnliche Vorwürfe gegen den Juristen erhoben. Die Bundespolizei FBI hat dazu Ermittlungen aufgenommen.

Der Senat soll noch in dieser Woche über eine Bestätigung Kavanaughs für das Richteramt am Supreme Court abstimmen. Kavanaughs geplante Ernennung zum Obersten Richter auf Lebenszeit ist in den USA längst zu einem Politikum vor den im November anstehenden Teilwahlen zum US-Kongress geworden.

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