Debatte um Hartz IV für EU-Zuwanderer:CSU empört über "Einmischung" aus Brüssel

Zuwanderer aus anderen EU-Staaten müssen nach Ansicht der Europäischen Kommission in Deutschland leichter Zugang zu Sozialleistungen erhalten. Die CSU kritisiert diese Einschätzung als "eurokratischen Wahnsinn" und warnt davor, die Solidarität unter den Mitgliedsstaaten zu "überdehnen". Die Kommission fühlt sich missverstanden.

Die Einschätzung der EU-Kommission, dass Deutschland Zuwanderern leichter Zugang zu Sozialleistungen gewähren muss, ist in der CSU auf scharfe Kritik gestoßen. "Ich warne die Kommission vor einer Einmischung in diesem Bereich ohne jegliche Zuständigkeitskompetenz", erklärte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber in Brüssel. "Die nationalen Sozialsysteme sind und bleiben in der Zuständigkeit der Nationalstaaten."

Ferber bezeichnete eine Stellungnahme der EU-Kommission, wonach Deutschland arbeitslosen Zuwanderern aus der Europäischen Union nicht grundsätzlich Sozialleistungen verweigern dürfe, als "brandgefährlich". Damit werde die "Solidarität der Mitgliedstaaten untereinander so überdehnt, dass am Ende das europäische Einigungswerk gefährdet werden kann", sagte er der Samstagsausgabe der Welt.

"Die nationalen sozialen Sicherungssysteme sind kein Selbstbedienungsladen für alle Europäer, die zu uns kommen", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer in München. "Es ist für mich schockierend, wie die EU-Kommission leichtfertig die nationalen Sicherungssysteme damit torpediert." Scheuer nannte die Brüsseler Stellungnahme "fatal" und einen "eurokratischen Wahnsinn", dem man Einhalt gebieten müsse.

"Wenn Beamte in der EU-Kommission in Brüssel in ihren De-Luxe-Büros auf unsere nationalen sozialen Sicherungssysteme eingreifen wollen, dann wird es den erbitterten Widerstand der CSU geben", betonte Scheuer. "Einen Selbstbedienungsladen Deutschland in Europa darf es nie geben."

Der neue CDU-Generalsekretär Peter Tauber will das Thema auf europäischer Ebene diskutieren. Mit der EU-Kommission müssten Regeln gefunden werden, um einen gezielten Zuzug in die Sozialsysteme zu verhindern, sagte er im RBB-Inforadio.

EU-Kommission: "Üben keinen Druck aus"

Die EU-Kommission hat den Eindruck zurückgewiesen, sie übe in der Hartz-IV-Debatte Druck auf Deutschland aus. "Andeutungen und Anschuldigungen, wonach die Kommission Deutschland drängt, allen arbeitslosen EU-Bürgern im Land Sozialhilfe zu gewähren, sind natürlich völlig falsch", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel.

"Es gibt strikte Schutzvorkehrungen im EU-Recht, um sogenannten Sozialhilfe-Tourismus zu verhindern", erklärte die Sprecherin. Sie wies darauf hin, dass für die ersten drei Monate eines Aufenthalts ohnehin keine Sozialhilfe für "wirtschaftlich inaktive" Bürger zu zahlen sei. "Um Sozialleistungen in einem anderen Land zu bekommen, muss ein EU-Bürger entweder ein Arbeitnehmer sein, ein direkter Familienangehöriger oder dauerhaft sesshaft in diesem Land."

Die EU-Kommission erklärte in einer Stellungnahme zu einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), der Ausschluss von EU-Zuwanderern von Hartz-IV-Leistungen sei mit europäischem Recht nicht vereinbar. Sollten die europäischen Richter der Kommission folgen, so hätten Zuwanderer künftig deutlich bessere Chancen auf Sozialleistungen, selbst dann, wenn sie keine Arbeitsstelle suchen.

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