Debatte um Guantanamo-Häftlinge:Unmut über de Maizière

"Mangelnde Abstimmung": Der Streit über die Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen verschärft sich: Unionspolitiker haben jetzt Innenminister de Maizière scharf kritisiert.

In der Debatte über eine Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen in Deutschland wächst die Kritik der Länder an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

Der niedersächsische Ressortchef Uwe Schünemann kritisierte laut Focus eine "mangelhafte Abstimmung". Es gebe bislang keinerlei Kontakte mit dem Bundesinnenministerium, sagte der CDU-Politiker laut Vorabmeldung.

Dem Magazin zufolge wurden dem Berliner Ministerium Dossiers zu drei Häftlingen übermittelt, die überprüft würden. Schünemann beschwerte sich den Angaben zufolge: "Uns liegen null Informationen über die Kandidaten vor." Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dem Focus, er könne nicht akzeptieren, dass die Innenminister der Länder "über solch sensible Vorgänge" wie die Aufnahme von Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager ausschließlich durch Zeitungsmeldungen informiert würden.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte sich am Samstag auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern. Derzeit werde geprüft, ob die Voraussetzungen für die Aufnahme von Häftlingen vorliegen. Dies sei ein intensiver Prozess, der noch nicht abgeschlossen sei. Ob in Berlin konkrete Dossiers zu drei Häftlingen vorliegen, wollte der Sprecher auch nicht sagen.

De Maizière bekräftigte: "Ich finde, wenn ein Nato-Partner und unser wichtigster Verbündeter uns um Hilfe bittet, sollen wir das solidarisch prüfen", sagte er der Rheinischen Post. "Ich verstehe das als die Tugend eines Konservativen." Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Ohnehin würden die USA die Hauptlast bei der Auflösung des Lagers tragen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt unterstrich die grundsätzlich ablehnende Haltung seiner Partei in dieser Frage.

"Wenn einer zu Unrecht in Guantanamo sitzt, dann kann er auch in die USA gehen. Aber wenn von ihm eine Gefahr ausgeht, dann hat er bei uns nichts zu suchen", sagte Dobrindt der Passauer Neuen Presse. "Wenn die USA bisher keinen einzigen ihrer Guantanamo-Häftlinge ins Land gelassen haben, sehe ich nicht ein, warum wir das tun sollten." Zur Bündnissolidarität gehöre auch, dass man von seinen Bündnispartnern nichts verlange, wozu man nicht selber bereit wäre.

Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) lehnt die Aufnahme von Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo ab. Dem Deutschlandfunk sagte der CDU-Politiker an diesem Sonntag: "Natürlich muss man unter Freunden hilfreich sein, aber zuerst einmal sind die Amerikaner gefordert zu sagen, wohin die Häftlinge sollen. Insofern sehe ich keinen Anlass, jetzt Häftlinge nach Nordrhein-Westfalen zu holen." Rüttgers betonte, die Verantwortung für die Zukunft der Häftlinge liege in Washington.

Hamburg dementiert Bericht über Aufnahme von Häftlingen

Der Hamburger Senat dementierte unterdessen einen Bericht, wonach die Hansestadt die Aufnahme von drei Guantanamo-Häftlingen prüfe. "Der Senat hat sich damit nicht befasst", sagte Sprecherin Kristin Breuer dem DAPD. "Hamburg prüft das nicht." Es gebe keine offizielle Anfrage der Bundesregierung.

Die Bild-Zeitung hatte geschrieben, in Hamburg sollten drei Guantanamo-Häftlinge vorübergehend untergebracht werden. Die endgültige Entscheidung werde bei der Innenministerkonferenz im Mai fallen.

Dem Blatt zufolge handelt es sich um einen Palästinenser und früheren Hamas-Aktivisten, der in einem Al-Qaida-Terrorcamp in Afghanistan ausgebildet worden sei, sowie um einen Syrer und einen weiteren Palästinenser, die 2001 und 2002 in Afghanistan von US-Soldaten verhaftet worden seien.

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