Debatte im Bundestag:Bundestag stimmt Griechenland-Hilfe zu

Unehrlichkeit, Taktiererei, Verbrennen von Steuergeldern: Vor der Abstimmung über das neue Hilfspaket für Griechenland teilt die Opposition im Bundestag gegen die Bundesregierung aus - doch stimmt dem Beschluss trotzdem zu. Nur die Linke will klagen.

Drei Tage nachdem sich die Euro-Finanzminister, EZB und IWF auf eine erneute finanzielle Unterstützung Griechenlands geeinigt haben, hat der Beschluss auch den Bundestag mit breiter Mehrheit passiert: 473 Abgeordnete stimmten dem Hilfspaket zu, 100 Abgeordnete lehnten es ab, elf enthielten sich. Vor der Abstimmung äußerten sich Parlamentarier im Bundestag. (Die Abstimmungsliste finden Sie hier als pdf-Dokument.)

Bei der Rettung des Krisenlandes sei die Bundesregierung unehrlich und taktiere parteipolitisch, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Die Regierung drücke sich vor der Tatsache, dass die neuen Hilfen die Probleme des Landes nicht nachhaltig lösten und es am Ende doch zu einem Schuldenschnitt zulasten der staatlichen Gläubiger kommen werde.

"Es wird jetzt verschoben, aber irgendwann wird es kommen, und dann werden wir Sie aus Ihrer Verantwortung nicht entlassen", sagte Steinmeier. Wenn die SPD-Fraktion den neuen Hilfen dennoch zustimme, dann aus europäischer Verantwortung: "Wir können die Griechen nicht im Stich lassen." Das ändere aber nichts daran, dass das neue Konzept halbherzig und mutlos sei sowie von falschen Annahmen ausgehe, so der SPD-Fraktionschef.

Wagenknecht: Bundesregierung verkauft Wähler für dumm

Auch die Grünen wollten dem Hilfspaket zustimmen, da die Griechen damit zumindest mehr Zeit bekämen. Allerdings sei Griechenland nur mit einem umfangreichen Konjunkturprogramm zu retten, sagte der Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin. Die Bundesregierung müsse verstehen, "dass Griechenland schon lange kein Ausgabenproblem sondern ein Einnahmeproblem hat", er im Bundestag. Die Sparpolitik verschärfe die Rezession sogar noch.

Die stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht griff die Bundesregierung scharf an. Sie kritisierte die Hilfen als "verantwortungsloses Verbrennen von Steuergeldern" zugunsten von Banken und Spekulanten. Mit jedem Sparpaket werde die Situation in Griechenland nur noch schlimmer. "Hören Sie auf, die Wählerinnen und Wähler für dumm zu verkaufen", rief sie in Richtung Koalition.

Die Linke will gegen die Hilfen klagen

Nach Worten Wagenknechts ist bereits heute abzusehen, dass es einen Schuldenschnitt für Griechenland geben und dieser für Deutschland sehr teuer werde. Sie kritisierte zudem, dass die griechische Oberschicht nicht zur Rettung des Landes in Verantwortung genommen werde.

Die Linke will gegen die neuen Hilfen für Griechenland klagen. "Wir werden das dritte Griechenland-Paket in das laufende Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht einbringen", sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi der Neuen Osnabrücker Zeitung. Sowohl der Anfang der Woche vereinbarte Zinsschnitt als auch die geplanten Direktüberweisungen von Bundesbankgewinnen nach Griechenland zur Tilgung von Bankschulden seien von den europäischen Verträgen nicht gedeckt, sagte Gysi der Zeitung.

Schäuble: Debatte über Schuldenschnitt ist schädlich

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält die aktuelle Debatte über einen Schuldenschnitt zu Gunsten Griechenlands für schädlich. "Wir dürfen keine falschen Anreize für ein Nachlassen der griechischen Reformbemühungen setzen", sagte Schäuble in seiner Regierungserklärung im Bundestag. "Aktuelle Spekulationen über einen Schuldenerlass würden genau diese falschen Anreize setzen", fügte er hinzu. Die Bereitschaft zum Sparen in Athen würde so geschwächt.

Erst am vergangenen Montag hatten sich die Geldgeber darauf geeinigt, Griechenland bis 2014 Zeit einzuräumen, um die vereinbarten Ziele zu erreichen. Dadurch reißt eine Finanzlücke von 14 Milliarden Euro auf, die vor allem aus Zinsstundungen und -senkungen für bereits gewährte Kredite und den EZB-Gewinnen aus ihrem Staatsanleihen-Kaufprogramm verkleinert werden soll. Den Bundeshaushalt belastet das 2013 mit 730 Millionen und 2014 mit 660 Millionen Euro.

"Die Versäumnisse von Jahrzehnten können nicht in zwei Jahren aufgeholt werden", sagte Schäuble und bescheinigte der griechischen Regierung Reformwillen: Von 2009 bis 2011 sei das Defizit im Haushalt um sechs Prozentpunkte verkleinert worden und werde in diesem Jahr weiter verringert. Durch zahlreiche Reformen gewinne das Land Wettbewerbsfähigkeit. All dies, so Schäuble, rechtfertige die finanziellen Zugeständnisse. Denn die Alternative sei ein Prozess, der zum Auseinanderbrechen der Euro-Zone führen könnte.

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