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Debatte um Euro-Rettungsschirm im Bundesrat:Seehofer lehnt weitere Euro-Hilfen ab

Nach dem Parlament hat nun auch der Bundesrat für die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms gestimmt. CSU-Chef Seehofer nutzt die Bühne und bekräftigt seinen Widerstand gegen weitere Hilfen für klamme Euro-Staaten: Die beschlossene Ausweitung trage Bayern mit. Jede zusätzliche Garantie gefährde aber die Finanzstabilität Deutschlands - und sei mit Bayern nicht zu machen.

Deutschlands Zustimmung zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes EFSF ist endgültig beschlossene Sache. Einen Tag nach dem Ja des Bundestages billigte auch der Bundesrat die Reform.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer hat die Gelegenheit genutzt, in der Länderkammer seinen Widerstand gegen jede Form einer erneuten Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF anzukündigen (wie zwei Tage zuvor im SZ-Interview). Die aktuelle Erweiterung trage Bayern zwar mit. "Weitere Aufstockungen oder größere Risiken aus den übernommenen Garantien, beispielsweise über finanztechnische Hebel, lehnen wir jedoch ab", sagte Seehofer.

Ein solcher Schritt berge die Gefahr, dass auch die Finanzstabilität Deutschlands Schaden nehmen könne. Mit Instrumenten, die "letztlich alle überfordern, wäre niemandem geholfen", sagte der CSU-Chef. Sein Land werde zusätzliche Schritte zu einer "Transfer-, Haftungs- oder Inflationsunion" in Europa nicht mitgehen.

Hilfen dürften nur gewährt werden, wenn die Krisenländer strikte Auflagen erfüllten und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigerten. "Solidarität funktioniert nur auf der Grundlage von Solidität", sagte Seehofer.

Tillich warnt vor Hebelung des Rettungsschirms

Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat sich im Bundesrat dagegen ausgesprochen, das Volumen des Euro-Rettungsschirms EFSF drastisch auszuweiten. Er könne vor der sogenannten Hebelung nur "dringend warnen", sagte der CDU-Politiker im Bundesrat. Eine solche Maßnahme sei nicht wirklich kontrollierbar. Die EU-Kommission arbeitet nach Angaben ihres Chefs José Manuel Barroso an einem solchen Vorschlag.

Zudem könne die Politik nur dann Vertrauen zurückgewinnen, "wenn nicht in immer kürzeren Abständen immer neue Notmaßnahmen diskutiert werden". Der seit längerem geplanten Erweiterung des EFSF, die am Donnerstag vom Bundestag verabschiedet wurde, wolle sein Land aber zustimmen.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat das Euro-Krisenmanagement der Bundesregierung grundsätzlich kritisiert. Schwarz-Gelb habe Zweifel an der Handlungsfähigkeit der Politik selbst befeuert, weil die Herausforderungen der Krise nur "scheibchenweise" dargelegt worden seien, sagte Beck im Bundesrat.

Man sollte in der Schuldenkrise außerdem nicht auf Landtagswahltermine schielen und mit unbedachten Äußerungen Märkte und Wirtschaft verunsichern. Damit kritisierte Beck Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler, der kurz vor der Berlin-Wahl über eine mögliche geordnete Insolvenz Griechenlands spekuliert hatte.

Rheinland-Pfalz unterstütze aber die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF, weil der Euro der Stabilitätsanker für Wohlstand und Wachstum sei. Zusätzlich forderte Beck wie die EU-Kommission die Einführung einer Steuer auf Finanzgeschäfte, um Spekulationen an den Märkten einzudämmen.

Ende der Turbulenzen nicht in Sicht

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den Bundesländern unterdessen grundsätzlich zugesichert, sie in künftige Aktionen des erneuerten Euro-Rettungsfonds EFSF einzubinden. "Die Bundesregierung wird den Bundesrat fortlaufend und zeitnah unterrichten", sagte Schäuble in der Länderkammer. Der Bundesrat hatte auf seiner Sitzung vor einer Woche auf Mitsprache bei künftigen Euro-Rettungsaktionen gepocht.

Ein Ende der Turbulenzen an den Finanzmärkten sieht Schäuble allerdings nicht. Die Lage sei nach wie vor besorgniserregend. Daher sei wichtig, dass es rasch die neuen EFSF-Instrumente gebe. Schäuble begrüßte zugleich ausdrücklich den Vorstoß der EU-Kommission für eine Finanztransaktionssteuer.

Schäuble begründete die Änderungen am EFSF noch einmal damit, dass damit zum einen mehr Geld für mögliche Rettungsaktionen zur Verfügung stehe und zum anderen der EFSF-Fonds nun auch vorsorglich tätig werden könne.

Mit der Zustimmung des Bundesrats wird das deutsche Gesetzgebungsverfahren zur EFSF-Erweiterung abgeschlossen. Die Länderkammer war dafür zu einer Sondersitzung zusammengekommen.

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