Debatte um Entlastungen:Regierung will SPD-Länderchefs kaufen

Die Regierungkoalition will ihre Steuerpläne im Bundesrat unbedingt durchbringen. CDU-Finanzexperte Frank Steffel setzt dabei auch auf die Eigeninteressen der sozialdemokratisch geführten Bundesländer - und auf Erfahrungen des ehemaligen Kanzlers Schröder.

Noch ist keine Einigung über die Steuerpläne der Bundesregierung abzusehen. Nun hofft Frank Steffel auf die umstimmende Wirkung eines Geschäfts. Der CDU-Finanzexperte schlägt vor, den Widerstand der SPD gegen die vom Bund geplante Steuersenkung durch gezielte Kompensationsangebote an einzelne Ministerpräsidenten zu durchbrechen.

Euro Currency Notes And Coins

Aus der CDU kommt der Vorschlag, ein Ja der Opposition zu den Steuerplänen mit Kompensationszahlungen an die Länder zu erwirken. 

"Keine Parteizentrale sollte glauben, dass sie ihre Ministerpräsidenten kontrollieren kann", sagte Steffel der Berliner Morgenpost. Der Bund habe noch einige Trümpfe im Ärmel. Allein der Verkehrsminister könne "eine Milliarde Euro für Verkehrsprojekte verteilen". Ebenso dürfte es in den Ländern Interesse an Ausgleichsmaßnahmen des Bundes für die Schließung von Bundeswehrstandorten geben, sagte Steffel, der auch Mitglied des Finanzausschusses im Bundestag ist. "Das wird auch bei SPD-Regierungschefs die Bereitschaft erhöhen, der vom Bund angestrebten Steuersenkung zuzustimmen", sagte er.

Der Vorstoß Steffels kommt allerdings nicht überraschend. Auch SPD-Kanzler Gerhard Schröder und seine Vorgänger haben das schon so gemacht, warum nicht auch Angela Merkel? Dieser Vorschlag liegt also auf der Hand, und deshalb hatte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck den Regierungsplänen für eine mögliche Steuerentlastung im Namen der SPD-geführten Länder bereits präventiv eine deutliche Absage erteilt - unter dem Hinweis, man werde den Vorschlag im Bundesrat in jedem Fall ablehnen, auch wenn der Bund mit Gegenleistungen locken sollte. Er widersprach damit der Vermutung, bei größeren Kompensationen könnte die Koalition einzelne SPD-geführte Bundesländer auf ihre Seite ziehen.

Beck hatte zudem gegenüber der Zeitung Die Welt davon gesprochen, dass die Koalition versuche, "das Volk zu verdummen", wenn sie behaupte, sie entlaste vor allem Geringverdiener. Auch von den Grünen kommt Widerstand gegen die Steuerpläne. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hatte allerdings vorab finanzielle Kompensationen als mögliche Lösungen des Konflikts erachtet. Die unterschiedlichen Äußerungen Gabriels und Becks werteten manche Beobachter als Zick-Zack-Kurs.

Führende Politiker der schwarz-gelben Koalition hatten die Zustimmung der SPD im Bundesrat angemahnt. FDP-Chef Philipp Rösler verwies darauf, dass die Anhebung des Grundfreibetrags verfassungsrechtlich vorgegeben sei. Er könne sich zudem nicht vorstellen, "dass die SPD den Beziehern kleiner Einkommen aus ideologischen Gründen den Inflationsausgleich verwehrt", sagte der Wirtschaftsminister der Bild-Zeitung. Unionsfraktionschef Volker Kauder warnte die Opposition vor einem Nein im Bundesrat. "Mit ihrer Blockadeankündigung wendet sich die Opposition gegen die, die jeden Tag hart arbeiten", sagte Kauder.

Uwe Hück, stellvertretender Aufsichtsratvorsitzender der Porsche-Holding, sieht in den Koalitionsbeschlüssen dagegen "reine Symbolpolitik". Hück sprach ähnlich wie Beck davon, dass die Menschen "veräppelt" würden. "Eine Steuersenkung, von der ich mir vielleicht ab und zu mal einen Latte macchiato kaufen kann, macht die Leute höchstens sauer", sagte er der Bild-Zeitung. Die Menschen wüssten, dass der Staat nichts zu verteilen habe. Besser wäre es deshalb, "Steuermehreinnahmen für eine Sondertilgung der Staatsschulden zu nutzen und gleichzeitig mehr in Bildung zu investieren."

Die Koalition hatte angegeben, vor allem untere und mittlere Einkommen entlasten zu wollen. Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler profitieren hingegen vor allem Gutverdiener.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: