Debatte um Anschaffung von Drohnen:Von der Leyens erste Falle

Noch will sich die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nicht festlegen, ob die Bundeswehr Drohnen kaufen soll oder nicht. Aber sie wird sich positionieren müssen. Das kann schief gehen - muss es aber nicht: Wenn es von der Leyen gelingt, die Debatte zu versachlichen, wäre schon viel gewonnen.

Ein Kommentar von Christoph Hickmann, Berlin

Noch befindet sich Ursula von der Leyen in der Phase der Einarbeitung, da hat die erste Debatte sie schon eingeholt (auch wenn die neue Verteidigungsministerin sich noch nicht daran beteiligen mag). Die Diskussion darüber, ob die Bundeswehr nun Kampfdrohnen bekommen soll oder nicht, geht in der ersten Woche des Jahres munter weiter. Und obwohl die Ministerin ihre Worte während der ersten Tage im Amt äußerst sorgfältig gewählt hat, sitzt sie bereits jetzt in der Falle. Zumindest in einer kleinen.

Drohnen zum Schutz der Soldaten

An erster Stelle, so hat sie es kurz vor Weihnachten bei ihrem ersten Truppenbesuch in Afghanistan gesagt, stehe der Schutz der Soldaten: "Das Wichtigste ist der Mensch, das Wichtigste sind nicht die Kosten." Das klang so warmherzig-mitfühlend, wie man es aus bisherigen Ämtern von ihr gewohnt war - doch wenn man diese Sätze konsequent weiterdenkt, sind sie nichts anderes als ein indirektes Bekenntnis (auch) zu Kampfdrohnen. Denn dass die so umstrittenen Fluggeräte für die Seite, die sie einsetzt, äußerst nützlich sind und zum Schutz der eigenen Soldaten beitragen können, bestreiten ja nicht einmal die Gegner. Genau dieser Logik folgt jetzt der Chef des Bundeswehrverbands, wenn er von der Leyens Worte aufnimmt und Kampfdrohnen zum Schutz von Bundeswehr-Soldaten fordert.

Die Ministerin ist schlau genug, um sich für die nächste Gelegenheit einen möglichst unverfänglichen Satz zum Thema aufschreiben zu lassen - doch auf längere Sicht wird sie sich positionieren müssen. 2014 wird sie erst einmal zu entscheiden haben, ob der Bundeswehr auch künftig (unbewaffnete) Aufklärungsdrohnen zur Verfügung stehen sollen, wie die Truppe sie derzeit in Afghanistan einsetzt - der Leasingvertrag für die Geräte läuft aus. Wenn ja, lautet die nächste Frage, ob man Drohnen beschafft, die zu einem späteren Zeitpunkt bewaffnet werden können (darauf deutet vieles hin). Und schließlich wird man danach die Frage beantworten müssen, ob man die Drohnen dann auch wirklich bewaffnet. Spätestens da dürfte es in der Koalition krachen. Die Drohnen könnten zu einem großen Streitpunkt werden.

Es geht schlicht und einfach um ein Waffensystem

Schließlich hat die Kontroverse darüber, wie der Koalitionsvertrag zu diesem Thema auszulegen ist, noch während der Verhandlungen begonnen. Die entsprechende Passage besagt, dass man vor einer Entscheidung, ob man bewaffnete Drohnen beschafft, erst einmal viele Aspekte "sorgfältig prüfen" werde, was sowohl völker- und verfassungsrechtliche als auch sicherheitspolitische sowie ethische Fragen betreffe. Das ist Vertragsprosa, die ähnlich auch in einer wehrtechnischen Fachzeitschrift stehen könnte und erst einmal so gut wie nichts besagt. Jedenfalls bedeutet die Passage nicht, dass es in der nächsten Legislaturperiode keine Kampfdrohnen für die Bundeswehr geben wird - auch wenn die SPD sich noch vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags nach Kräften mühte, diese Deutung zu verbreiten.

Das ist die Ausgangslage für die neue Ministerin, deren erstes Verdienst in dieser Angelegenheit ein anderes sein könnte: Wenn es ihr jenseits des parteipolitischen Streits gelänge, die hysterisierte Drohnen-Debatte ein wenig sachlicher zu gestalten, wäre das schon eine Menge wert. Schließlich reicht allein der Begriff mittlerweile aus, um Empörung zu generieren.

Es geht aber gar nicht darum, wie die USA Drohnen über anderen Staaten kreisen zu lassen und Verdächtige abzuschießen. Es geht auch nicht um Waffensysteme, die autonom, also ohne menschliches Zutun funktionieren - solche Modelle gibt es noch gar nicht. Es geht schlicht und einfach um die Frage, ob die Bundeswehr ein neues Waffensystem bekommen soll. Ob und wo es dann eingesetzt wird, bleibt immer noch eine politische Entscheidung.

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