Debatte um Agenda 2010:Platzhirsch Beck

Der Vorstoß des SPD-Chefs zum Arbeitslosengeld rührt an einen Grundsatzkonflikt der Partei.

Claus Hulverscheidt

Der Erfolg eines politischen Projekts hängt oft weniger von dessen Inhalt ab als vom richtigen Timing.

Insofern hat Kurt Beck mit seinem Vorschlag, die Agenda 2010 zurückzudrehen und älteren Menschen wieder länger Arbeitslosengeld zu zahlen, scheinbar alles richtig gemacht: Er hat seine Partei aus der Lethargie gerissen, just in dem Moment, da die Umklammerung durch die Union einerseits und die Linke andererseits unerträglich zu werden drohte.

Und gleichzeitig hat er vorerst alle internen Gegner ruhiggestellt, die seine Eignung für die große Bühne der Bundespolitik zuletzt immer lauter angezweifelt hatten.

Tatsächlich aber hätte der Zeitpunkt für Becks Vorstoß nicht schlechter gewählt sein können, denn nach Jahren des Zweifels und des Frustes beginnt sich die Agenda endlich auszuzahlen.

Die Wissenschaft wird noch in zehn Jahren darüber streiten, wie groß der Anteil des Reformprogramms am derzeitigen Rückgang der Arbeitslosigkeit wirklich war. Niemand aber wird ernsthaft behaupten, das Programm habe gar nichts dazu beigetragen, dass etwa der Trend zur Frühverrentung gestoppt werden konnte.

Für die SPD ist der Begriff Agenda 2010 zum Sinnbild geworden. Für die einen markiert die Schröder-Initiative den Moment, in dem sich nach vielen anderen auch ihre Partei an den neoliberalen Zeitgeist verkaufte.

Für die anderen ist die Agenda das Symbol für die Regierungsfähigkeit der Sozialdemokraten, für ihr Eingeständnis, dass die Beschäftigung mit der Wirklichkeit wichtiger ist als die mit Parteiprogrammen.

So lange dieser Grundsatzkonflikt schwelt, wird Beck zwar mit gezielt platzierten Einzeldaten punkten können. Zum Erfolg führen aber wird er die SPD nicht.

© SZ vom 8.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: