Debatte über Steuern:Schröder, Merkel und die Lüge

Die Union will nach der Wahl die Steuern senken, doch die Deutschen glauben den Versprechungen laut einer Umfrage nicht. Auch Altkanzler Schröder hat sich jetzt in die Debatte eingeschaltet - mit deutlichen Worten.

Das Wahlprogramm der Union mit den angekündigten Steuersenkungen für die kommende Legislaturperiode stößt weiter auf scharfe Kritik - vor allem bei der SPD. Jetzt hat sich auch Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) in die Debatte eingeschaltet.

Mischt lautstark im Wahlkampf mit: Gerhard Schröder

Mischt lautstark im Wahlkampf mit: Gerhard Schröder

(Foto: Foto: dpa)

Er kritisierte die Steuersenkungsversprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Blick auf die schlechte Finanzlage mit deutlichen Woten: "Wer angesichts dessen Steuersenkungen verspricht, der belügt die Leute schlechthin und der wird es auch nicht durchhalten", sagte der SPD-Politiker in einem Interview mit Reuters TV. Derartige Steuerversprechen seien nicht seriös, sondern eine "Politik von Wischi nach Waschi".

Attacken von Struck

Auch SPD-Fraktionschef Peter Struck griff die Union und ihren Wunschpartner für eine Koalition nach der Wahl, die FDP, scharf an: Er warf ihnen Betrug am Wähler vor. Wer den Menschen "heute Steuererleichterungen verspricht, betrügt sie wider besseres Wissen", sagte Struck nach Angaben der Passauer Neuen Presse im politischen Bericht für die Sitzung der SPD-Fraktion.

Darin attackierte Struck angeblich auch Kanzlerin Merkel. Die größte Weltwirtschaftskrise der Nachkriegszeit könne nicht mit leeren Versprechungen oder einem Lächeln auf roten Teppichen überwunden werden, sondern nur mit harter Arbeit, wird Struck zitiert.

"Ausufernde Anspruchsmentalität der Bürger"

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht ebenfalls angesichts der hohen Staatsverschuldung keinen Spielraum für Steuerentlastungen. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg warnte die Politik in der Neuen Osnabrücker Zeitung davor, die "ausufernde Anspruchsmentalität der Bürger", die sich auch in den Forderungen der Erzieherinnen im Kita-Tarifstreit zeige, im Wahlkampf noch weiter zu befeuern. Jährlich würden mehr als 70 Milliarden Euro allein für Zinsen fällig.

"Es besteht die Gefahr, dass wir politisch handlungsunfähig werden und immer tiefer im Schuldensumpf versinken." Die Grenzen staatlicher Leistungsfähigkeit seien längst erreicht. "Die Sozialausgaben der Kommunen explodieren und werden dieses Jahr die gigantische Summe von 39 Milliarden Euro überschreiten." Dabei werde oft vergessen, dass jeder Euro, den der Staat verteilt, von den Bürgern durch Steuern erarbeitet werden müsse.

Im Hinblick auf angekündigte Entlastungen herscht auch bei den Bundesbürgern Skepsis: Laut einer Stern-Umfrage schenken die Deutschen den Steuersenkungsversprechungen kein Vertrauen. 93 Prozent gaben an, sie glaubten diesen Wahlversprechen nicht. Nur fünf Prozent erwarten tatsächlich Steuersenkungen nach der Wahl. Für die Frage nach den Steuerversprechen wurden 1000 Bürger am 25. Juni interviewt.

Union bei 36 Prozent

Trotz der scharfen Kritik an ihren Plänen sowie des vorangegangenen parteiinternen Steuerstreits bleiben die Umfragewerte der Union stabil: In einer an diesem Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Stern und des Fernsehsenders RTL erzielen CDU/CSU wie in der Vorwoche 36 Prozent, ihr bisheriges Jahreshoch. Die FDP kommt wieder auf 15 Prozent. Gemeinsam ergibt sich für Schwarz-Gelb damit wie in der Woche zuvor eine absolute Mehrheit von 51 Prozent.

Die SPD konnte von den unionsinternen Querelen nicht profitieren. Sie fällt sogar um einen Punkt und bleibt mit 21 Prozent auf ihrem Jahrestief. Bundesweit ist sie damit genauso schwach wie bei der Europawahl Anfang Juni, als sie nur 20,8 Prozent der Stimmen erhielt.

Die Linkspartei verbessert sich um einen Punkt auf elf Prozent. Die Grünen verharren bei zwölf Prozent. Zusammen würden SPD, Grüne und Linke 44 Prozent bekommen, sieben Punkte weniger als Union und FDP.

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