Debatte über NPD:Volker Beck sieht Verbotsantrag als Aufgabe der Bundesregierung

Grünen-Politiker Beck will den Bundestag bei einem möglichen NPD-Verbotsverfahren aus der Verantwortung nehmen. Für den Antrag sei die Bundesregierung zuständig. Andere Innenpolitiker zeigen sich überzeugt, dass ein Verbot der Partei das Problem Rechtsextremismus nicht beheben werde.

Die Bundestagsfraktion der Grünen wendet sich gegen die Idee, das Parlament gemeinsam mit Regierung und Bundesrat einen NPD-Verbotsantrag in Karlsruhe stellen zu lassen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS): "Wenn die Bundesregierung zu der Überzeugung kommt, dass ein Verbotsverfahren erfolgreich sein kann, dann muss sie es initiieren und verantworten." Der Bundestag könne gar nicht beurteilen, inwieweit Beweise durch die V-Leute-Problematik vergiftet seien. "Hier hat die Bundesregierung beim letzten Verbotsverfahren gegenüber dem Bundestag nicht mit offenen Karten gespielt", sagte Beck.

Ob es daher sinnvoll sei, dass der Bundestag einen solchen eigenen Antrag stellt, "ist eine Frage, die man entscheiden muss, wenn der Antragsentwurf der Bundesregierung vorliegt", erklärte Beck. Hierzu gebe es bislang keine Festlegung der Grünen. In einer weiteren Stellungnahme fügte Beck am Samstagnachmittag hinzu: "Wir befürworten allerdings einen Antrag nur, wenn man angesichts der Hürden von Verfassungsgericht und Europäischen Menschenrechtsgerichtshof davon ausgeht, dass man das Verbot auch durchsetzt. Dies wäre etwa der Fall, wenn man die NPD auch für die Gewalttaten der (Neonazi-Terrorzelle) NSU rechtlich mitverantwortlich machen kann."

Dem widersprach die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz in der FAS: "Wenn es zu einem neuen Verbotsverfahren kommen sollte, dann müssen natürlich alle Verfassungsorgane zusammenstehen und an einem Strang ziehen."

Weitere Innenpolitiker äußerten sich in der FAS zurückhaltend über die Erfolgsaussichten des Verfahrens und die Zweckmäßigkeit eines NPD-Verbots im Kampf gegen den Rechtsextremismus. "Der politische Wille, zu einem Verbot der NPD zu kommen, ersetzt keinen Beweis vor dem Bundesverfassungsgericht", sagte CDU-Innenpolitiker Clemens Binninger. Die wichtigsten Beweise könnten erst von diesem April an gesammelt werden, weil erst jetzt auf V-Leute in den NPD-Führungsgremien verzichtet werde. Zum Jahresende müssten die Innenminister sagen, ob diese Beweise vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausreichten. "Jede frühere Festlegung wäre mit Blick auf ein mögliches Scheitern eines Verbotsverfahrens unverantwortlich", sagte Binninger.

Korte: Parteiverbote grundsätzlich fragwürdig

Seine FDP-Kollegin Piltz sagte, es sei zu früh, schon jetzt über mögliche Anträge an das Verfassungsgericht zu reden. Grundsätzliche Zweifel an der Zweckmäßigkeit eines NPD-Verbots äußerte der Grünen-Politiker Beck: Auch nach einem Verbot der NPD würden sich rechtsextremistische Aktivisten und Kameradschaften in neuen Organisationen zusammenfinden. "Die Verbotsdiskussion lenkt hier eher ab."

Linkspartei-Innenexperte Jan Korte hält Parteiverbote grundsätzlich für fragwürdig. Die Möglichkeit sei im Grundgesetz "in einer historischen Ausnahmesituation entstanden", Ziel sei ein Verbot der Wiederbetätigung der NSDAP gewesen. "Ich halte es heute für fragwürdig, wenn man den Kampf gegen eine menschenverachtende Ideologie an den Staat delegieren will", sagte Korte.

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