Süddeutsche Zeitung

Debatte: Anschläge in Norwegen:Stoltenberg fordert mehr Nachdenklichkeit

Die Meinungsfreiheit soll bleiben, doch der Tonfall darf sich gerne ändern: Norwegens Ministerpräsident Stoltenberg fordert zu mehr Nachdenklichkeit auf - ob im Büro, in der Kantine oder im Internet.

Nach den beiden Anschlägen in Norwegen hat Ministerpräsident Jens Stoltenberg die politischen Führer zu mehr Nachdenklichkeit in ihren Reden aufgefordert. Bei einer Trauerfeier im Parlament sagte der Osloer Regierungschef wörtlich: Die Anschläge gäben Anlass darüber nachzudenken, "ob wir uns auch anders hätten ausdrücken können".

Er fügte hinzu: "Das gilt für Politiker, für Redakteure, in der Kantine und im Internet." In Skandinavien waren in der Vergangenheit zum Teil scharfe Debatten über die Immigration geführt worden. Stoltenberg erklärte jedoch zugleich, es dürfe nun "keine Hexenjagd auf die Meinungsfreiheit geben".

Der Ministerpräsident kündigte außerdem eine große nationale Trauerfeier an. Am 21. August werde das Land der 77 Toten bei den Terroranschlägen in Oslo und auf der Insel Utøya gedenken. Zu der Feier sollen Überlebende, Angehörige der Opfer, Rettungskräfte, Krankenhauspersonal und Polizisten eingeladen werden. Stoltenberg attestierte den Norwegern "verantwortungsvoll und mit Würde" auf die Anschläge reagiert zu haben. Er dankte dem Volk, dass es sich "für die Demokratie entschieden hat".

In Anwesenheit von Überlebenden der Anschläge sowie König Harald verlas Parlamentspräsident Dag Terje Andersen die Namen aller Opfer der beiden Anschläge. Die meisten Getöteten waren Jugendliche im Alter zwischen 14 und 19 Jahren. Der Täter Anders Breivik gab als Tatmotiv Hass auf den Islam sowie auf die in Norwegen regierenden Sozialdemokraten an.

Inzwischen untersuchen die Ermittler auch den Computer und das Mobiltelefon von Breivik. Zwar gehen sie davon aus, dass es sich bei Breivik um einen Einzeltäter handelt, dennoch werde in den Verbindungsdaten nach Hinweisen auf Kontakte zu weiteren Rechtsextremisten gesucht, sagte Polizeianwalt Paal-Fredrik Hjort Kraby.

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Quelle:
dapd/dpa/beu/fran/segi
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