De Maizière im NSA-Ausschuss:"Es gab keine Hinweise an mich"

NSA-Ausschuss befragt de Maizière

"Keine Hinweise": Thomas de Maizière vor dem NSA-Ausschuss

(Foto: dpa)
  • Vor dem NSA-Untersuchungsausschuss bestreitet Innenminister de Maizière, schon früh über problematische Spähversuche des US-Geheimdienst NSA informiert gewesen zu sein.
  • Er habe nicht gewusst, dass die NSA die Suchbegriffe EADS oder Eurocopter verwendete, sagt frühere Kanzleramtsminister. Seine Befragung dauert zur Stunde noch an.
  • Zuvor sagte der damals amtierende Geheimdienstkoordinator, Klaus-Dieter Fritsche, er könne sich nicht erinnern, schon 2006 über Selektoren informiert worden zu sein.
  • Im NSA-Ausschuss gehen einige davon aus, dass de Maizière womöglich schon 2008 von den Selektoren wusste und die Ausspähung schon damals hätte stoppen können.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Innenminister Thomas de Maizière ist derzeit zu einem Handlungsreisenden in eigener Sache geworden: Zeuge im Edathy-Untersuchungsausschuss, strenge Befragungen zum Sturmgewehr G36 im Verteidigungsausschuss und jetzt, an diesem Donnerstag, Zeuge im NSA-Untersuchungsausschuss. Das alles innerhalb einer Woche.

Zu Beginn seiner Befragung bestreitet de Maizière, dass er früh über problematische Spionageversuche des US-Geheimdienstes NSA in Europa mit Hilfe des BND informiert gewesen sei. "Es gab keine Hinweise an mich, dass die NSA die Selektoren EADS, Eurocopter oder französische Behörden verwendete", sagt der frühere Chef des Bundeskanzleramts vor dem NSA-Untersuchungsausschuss.

Zuvor stellt de Maizière zwei Dinge klar: Die USA, sagt er, seien kein Gegner, sondern ein enger Partner. Und es verstehe sich von selbst, dass der Chef des Bundeskanzleramts nicht immer in alle operativen Vorgänge der Geheimdienste eingebunden sei.

Denn darum geht es: Der Innenminister, Verteidigungsminister a. D. und Kanzleramtsminister a. D. soll womöglich spätestens 2008 als Chef des Kanzleramtes und oberster Geheimdienstaufseher von faulen Suchbegriffen oder Selektoren des US-Geheimdienstes NSA auf Analyserechnern des BND gewusst haben. Damit haben die Amerikaner womöglich deutsche und europäische Ziele ausgespäht.

Die Selektoren lieferten weiter

Im Raum stehen Hinweise auf Selektoren, die namentlich auf die Konzerne EADS, Eurocopter sowie europäische Ministerien abzielten. Erste Hinweise darauf sollen im BND schon 2005 bekanntgeworden sein. Kurz danach, 2006, will der damalige BND-Chef Ernst Uhrlau im Kanzleramt mündlich darüber Bericht erstattet haben. Aber so ganz genau konnte er sich in seiner Zeugenvernehmung vor dem Ausschuss nicht erinnern.

Klaus-Dieter Fritsche, damals Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, sagte heute im Ausschuss aus, er könne sich nicht daran erinnern, von Uhrlau mündlich über Selektoren informiert worden zu sein. Er habe zu jeder mündlichen Nachricht einen schriftlichen Bericht angefordert. Einen solchen Bericht gebe es aber nicht zum Thema Selektoren, sagte Fritsche.

Schriftliche Vermerke des BND lagen im Kanzleramt dann wohl 2008 vor, als Vorbereitung auf eine USA-Reise von de Maizière. Geschehen ist offenkundig aber nichts. Die Selektoren lieferten weiter. Ende 2009 wechselt de Maizière erstmals ins Innenministerium. Im Jahr 2010 dann soll es einen weiteren schriftlichen Hinweis ans Kanzleramt gegeben haben. Wieder keine Reaktion.

De Maizière hätte alles spätestens 2008 stoppen können

Erst 2013, kurz nach den Snowden-Veröffentlichungen, hat ein Mitarbeiter im BND angeblich auf eigene Faust Selektoren durchforsten lassen. Nach einer Stichprobe tauchten Tausende Suchbegriffe auf, die nicht mit den vereinbarten Regeln übereinstimmten. Diese Nachricht brauchte noch bis März 2015, um die Spitzen von BND und Kanzleramt und wenig später den NSA-Untersuchungsausschuss zu erreichen.

Manche im Ausschuss gehen davon aus, dass de Maizière womöglich spätestens 2008 die Abhörpraxis der Amerikaner hätte stoppen können und müssen. Der vor de Maizière befragte, frühere Geheimdienstkoordinator Klaus-Dieter Fritsche war von 2005 bis 2009 in dieser Funktion im Bundeskanzleramt. Nach einer Zwischenstation als Staatssekretär im Innenministerium ist er seit 2014 wieder als Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes. Er ist damit der ranghöchste Beamte für die Geheimdienstaufsicht.

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