David Cameron und Rupert Murdoch:Gefährliche Nähe

Die Aussagen des Medienunternehmers Rupert Murdoch bringen den britischen Premier David Cameron in Bedrängnis: Als Regierungschef traf er Entscheidungen, die Murdochs Firma halfen. Die Glaubwürdigkeit der Konservativen steht auf dem Spiel.

Christian Zaschke, London

Dieser Mittwoch war der bisher wohl schlechteste Tag in der Amtszeit von David Cameron. Der britische Premierminister musste dem Parlament erklären, warum das Land in die Rezession zurückgefallen ist, und - noch schwerwiegender - er musste sich erneut zur Nähe seiner Regierung zu den Medien von Rupert Murdoch äußern. In den vergangenen Wochen sind die Umfragewerte der konservativen Partei dramatisch gesunken, bis zu zwölf Prozentpunkte beträgt der Rückstand auf die Labour-Partei. Nun steht nichts mehr in Frage als die wirtschaftliche Kompetenz und die Glaubwürdigkeit der Konservativen.

Ruopert Murdoch Departs the Leveson Inquiry

Rupert Murdoch - ein Marionettenspieler?

(Foto: dpa)

Was die Finanzen angeht, berief sich Cameron wie stets darauf, dass man das Land in wirtschaftlich miserablem Zustand von Labour übernommen habe. Das war allerdings bereits im Mai 2010. Was die Nähe zum Medienunternehmer Rupert Murdoch und seinen Mitarbeitern angeht, wählte Cameron eine etwas verzweifelt wirkende Offensive: Seine Regierung werde im Verhältnis von Medien und Politik aufräumen, sagte der Premier unter dem Gelächter der Opposition.

Abendessen mit Politikern

Konkret ist Cameron unter Druck geraten, weil am Dienstag und am Mittwoch Rupert Murdoch und sein Sohn James vor einem unabhängigen Untersuchungsausschuss ausgesagt haben. Diesen hatte Cameron im vergangenen Jahr selbst eingesetzt, nachdem publik geworden war, dass das inzwischen eingestellte Murdoch-Blatt News of the World jahrelang Hunderte Telefone illegal abgehört hatte. Im Verlauf der Befragung von James Murdoch am Dienstag wurde offenbar, wie die Murdochs Nähe zur Politik suchten, um ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen.

Nachdem das Ausmaß der illegalen Recherchemethoden bei News of the World Mitte 2011 öffentlich geworden war, hatte Rupert Murdoch seine Bemühungen um die vollständige Übernahme des Kabelsender BSkyB einstellen müssen. Er hält 39 Prozent an dem Sender. Zuvor hatten die Murdochs einiges dafür getan, ein politisches Klima zu schaffen, in dem die Übernahme gelingen könnte. Sie hatten einen Lobbyisten eingestellt, und sie sprachen mit hochrangigen Politikern über ihre Pläne.

So räumte James Murdoch ein, mit David Cameron im Dezember 2010 bei einem Abendessen über die geplante Übernahme gesprochen zu haben, wenn auch nur kurz. Cameron hatte das stets offen gelassen und gesagt, es habe keine unangemessenen Kontakte gegeben. Zwölf Mal hatten sich Cameron und James Murdoch vor der Wahl im Jahr 2010 getroffen, zum Frühstück, zum Lunch, zum Abendessen, auf Drinks. Bei einem dieser Treffen eröffnete Murdoch dem damaligen Oppositionsführer, dass die Zeitungen des Unternehmens auf seiner Seite stehen würden.

Cameron kürzte das Budget der BBC

Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie sehr manche von Camerons Maßnahmen als Premier den Murdochs zugutekamen. Cameron beschnitt die Kompetenz der Medienaufsicht Ofcom und kürzte das Budget der BBC, des Hauptrivalen von Murdochs Sendern, um 16 Prozent. Zudem setzte er Kulturminister Jeremy Hunt ein, um über die mögliche Übernahme von BSkyB zu entscheiden. Zunächst hatte Wirtschaftsminister Vince Cable die Entscheidung treffen sollen, dieser hatte sich jedoch durch Murdoch-feindliche Kommentare disqualifiziert. Hunt hingegen hatte sich bereits vor seiner Einsetzung positiv zur Übernahme geäußert.

Der Untersuchungsausschuss präsentierte nun einen ausführlichen E-Mail-Verkehr zwischen Hunts Berater und einem Murdoch-Lobbyisten. Es entsteht der Eindruck, dass der Berater das Murdoch-Lager stets auf dem Laufenden gehalten und sogar beraten hat. Der Berater trat am Mittwoch zurück. Hunt gab am Mittwochmittag eine Erklärung im Parlament ab: Er beharrte darauf, dass er unabhängig gehandelt habe. Zudem habe er unabhängigen Rat eingeholt und auf dieser Basis Entscheidungen getroffen.

Hunt hatte der Übernahme 2011 bereits zugestimmt, sie wurde lediglich durch den Abhörskandal verhindert. Murdoch wollte acht Milliarden Pfund für den kompletten Sender bezahlen, es wäre eines seiner größten Geschäfte gewesen. Die Opposition fordert den Rücktritt Hunts. Der Kulturminister kündigte jedoch an, vor dem Untersuchungsausschuss seine Seite der Geschichte präsentieren zu wollen; er habe darum gebeten, schon in Kürze vorgeladen zu werden.

Die Nähe von Politikern und Medien war auch das Hauptthema der mit Spannung erwarteten Befragung von Rupert Murdoch am Mittwoch. Der 81 Jahre alte Unternehmer sagte, er habe nie einen Premier um irgendetwas gebeten. Ende der sechziger Jahre hat Murdoch die Sun und die News of the World bekauft und wurde der einflussreichste Verleger Großbritanniens. Dass er 1981 Lunch mit der damaligen Premierministerin Margaret Thatcher hatte, unmittelbar bevor er die Times übernahm, befand er als "absolut normal" - er habe ihr lediglich seine Pläne erläutern wollen.

Murdoch hatte damals schon einen Anteil von 30 Prozent am Zeitungsmarkt, weshalb die Übernahme umstritten war und genehmigt werden musste. Auch der frühere Premier Tony Blair habe ihm keine Gefallen erwiesen. Murdoch hatte Blair in allen Wahlen seit 1997 unterstützt, Blair ist Patenonkel eines Kindes von Murdoch. Und auch David Cameron habe er zwar des Öfteren getroffen, mit diesem aber nie über die geplante Übernahme von BSkyB, über Ofcom oder die BBC gesprochen.

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