Kanzlerin Angela Merkel hat offenkundig nicht die Absicht, sich bald in den Streit zwischen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) um die Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung einzuschalten. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Mittwoch, er könne und wolle keinen Zeitplan zur Lösung dieses Konfliktes nennen.
Am Abend kamen die Minister mit ihren Staatssekretären zu einem ihrer Arbeitstreffen zusammen und sprachen auch über die höchst strittige Speicherfrage. Sie konnten aber nach Regierungsangaben keine Einigung erzielen. Die Gespräche sollen fortgesetzt werden. Vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen werde ein Kompromiss jedoch nicht zu finden sein, heißt es aus Kreisen der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen.
Merkel hatte vor vier Wochen zu einer Einigung gedrängt, auch weil die EU-Kommission der Bundesregierung eine Frist bis zum 26. April gesetzt hat. Bis dahin muss die Koalition konkrete Schritte zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung unternehmen. Ansonsten droht ihr ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und eine Strafzahlung.
Das Bundesinnenministerium sprach von einer Summe von mindestens elf, wahrscheinlich aber 32 Millionen Euro. In der Union ist davon die Rede, dass das Bundesjustizministerium die Summe aus seinem eigenen Etat aufbringen müsste, falls Deutschland verurteilt werden sollte. Seibert wich der Frage aus, ob Merkel es hinnehmen werde, wenn der Streit über die von der EU-Kommission gesetzte Frist weitergehen sollte. "Die Bundeskanzlerin wird das ihre dazu beitragen, dass die Bundesregierung ihre rechtlichen Verpflichtungen erfüllt", sagte er.
Der Streit dreht sich um die Frage, welche Daten aus welchem Grund zur Verfolgung von Straftaten gespeichert werden sollen. Friedrich pocht auf die in der EU-Richtlinie vorgeschriebene Mindestspeicherzeit von sechs Monaten. Leutheusser-Schnarrenberger lehnt eine anlasslose Speicherung aller Daten ab und verweist dabei auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2010, das die damals gültige Regelung gekippt hatte. Sie will IP-Adressen sieben Tage generell speichern lassen, andere Internet- und Telefondaten aber nur bei Verdacht auf Straftaten. Beide Ressorts werfen sich vor, rechtswidrige Vorschläge zu machen.