Das politische Jahreshoroskop 2014:Im Zeichen der außergalaktischen Opposition

Reichstag in Berlin Foto Eibner EP_bha

Der Mond steht über dem Politikhaus

(Foto: Imago Stock&People)

Das Wahljahr 2013 ist rum, die große Koalition - wie schon zu Beginn des Jahres an dieser Stelle sauber vorhergesagt - ist da. Und nun? Wie geht's weiter? Ein paar Wahlen stehen an. CDU und SPD treten gegeneinander und immer irgendwie auch miteinander an. Die Grünen denken, sie regieren mit. Die Linke holzt. FDP und AfD hoffen auf Europa. Wir wagen den Blick in die Sterne.

Von unserem Chef-Astrologen Thorsten Denkler, Berlin

Die Sterne also. Obacht: Saturn, Neptun und Jupiter bilden ein Trigon. Der nördliche Mondknoten tritt in das zweite Haus. Und alles wird gut. Zumindest für den, der daran arbeitet, sich zu verbessern. Das ist die Botschaft, die Jupiter in den Krebs mitbringt.

Keine Ahnung was das bedeutet. Steht aber auf einschlägigen Horoskop-Seiten im Internet. Und die müssen es ja wissen.

Die politischen Sterne haben andere Bezeichnungen. Sie heißen CDU, CSU, SPD, sind Grüne oder Linke oder spielen in der außergalaktisch-außerparlamentarischen Opposition, der APO, als FDP und AfD mit.

Schauen wir uns mal an, was die drei Sternenkonstellationen im Jahr 2014 hoffen oder befürchten lassen.

1. Im Haus der GroKo

Es ist also vollbracht, das Haus der GroKo steht, das Haus der großen Drei-Sterne-Koalition aus CDU, CSU und SPD. Das war auch Anfang 2013 schon abzusehen. Wir haben das vor einem Jahr an dieser Stelle jedenfalls alles sauber vorhergesagt. Wollte nur keiner von denen richtig glauben.

2014 wird für die GroKo das Jahr der Bewährung. Sie verspricht kaum etwas, aber das wenige muss auf den Weg gebracht werden. Der Mindestlohn etwa, den die SPD durchgesetzt hat. 8,50 Euro, gesetzlich, flächendeckend. Das wird noch einigen Ärger geben. Nicht alle in CDU und CSU finden das lustig.

Oder die Rente mit 63. Die ist zwar in Wahrheit nur eine Rente mit 65, weil sie nach einigen Jahren auf 65 steigt. Und sie gilt auch nur für jene, die 45 Beitragsjahre auf dem Buckel haben. Aber wenn es etwas gibt, gegen das sich Politiker der Union auflehnen dürften, dann dagegen.

Ein Projekt der Union fehlt? Ja, ist so. Aber außer der Maut für Ausländer haben die auch keines. Und wie die Maut funktionieren soll, wissen die ja selber nicht.

Die Frage ist, wann der Sternenkrieg um Mindestlohn und Rente mit 63 ausbricht. Bis zur Europawahl Ende Mai zu warten ist aus SPD-Sicht kaum zu machen. Sie braucht diese Erfolge, um nicht auch diese Wahl zu vergeigen. Aber dass die Gesetze bis dahin beschlossen sind, ist ebenso unwahrscheinlich. Denn was CDU und CSU nicht brauchen, sind Erfolge der SPD.

Und Angela Merkel? Die wird sich darum nicht kümmern. Wenn es was zu streiten gibt, dann wird die Kanzlerin das wie gehabt andere machen lassen. Und ganz entspannt weiter Europa retten. So steht sie immer da als der ruhende Fixstern zwischen zwei vor sich hin flimmernden Partnern. Die CSU kann in dem Spiel munter die Knüppel bereithalten, um sie der SPD zwischen die Beine zu hauen. In Bayern wird zwar im März in den Kommunen gewählt. Aber danach ist erst mal ein paar Jahre Ruhe. Für CDU und SPD stehen bis Ende September fast ein Dutzend Kommunalwahlen und drei Landtagswahlen an. Vor allem für die SPD wird sich dann so langsam zeigen, ob sie nicht nur als Partei, sondern auch mit ihren potentiellen Wählern versöhnt ist.

2. Im Sternbild der Opposition

Zwei Sterne machen kein Sternenbild und eine Linke keinen Oppositionsführer. Die ist zwar stärkste Oppositionskraft. Aber noch immer so auf Radikalopposition getrimmt, dass es den Grünen keinen Spaß machen dürfte, mit denen gemeinsame Pläne auszuhecken. Die Linke hat jetzt eigentlich nur einen Job: Sich langsam darauf einstellen, ab 2017 im Bund mitregieren zu wollen und zu können. Die Wahlen im Jahr 2014 werden ihr zeigen, dass sie eine Machtperspektive braucht. Sonst erodiert ihre Wählerklientel weiter vor sich hin.

Die Grünen dagegen fühlen sich als Teil einer ganz besonders großen Koalition aus CDU, CSU, SPD und ihnen. So manche Projekte wird die GroKo in der Tat nicht stemmen können ohne Hilfe der Länder. Beispiel Energiewende. An den Grünen gibt es keinen Weg vorbei, wenn deren Zustimmung im Bundesrat nötig ist. Was darum nicht geht: Im Bundestag auf die Barrikaden gehen und im Bundesrat mitmachen. Der Job des grünen Bund-Länder-Koordinators dürfte so ziemlich der Härteste sein, den die Grünen derzeit im Portfolio haben.

3. Die Aszendenten der APO

Sie hätten auch beide genauso gut im Bundestag sitzen können. Sowohl der FDP als auch der rechtspopulistischen AfD fehlten nur ein paar Prozentpunkte hinter dem Komma. Die FDP wäre sogar wieder in der Regierung. Aber obwohl beide an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind, gilt die AfD als Wahlgewinnerin und die FDP als herbe Wahlverliererin. Die AfD hat eben überraschend gut abgeschnitten. Und die FDP aus ihrer einen Sicht niederschmetternd schlecht. So unterschiedlich können die Verhältnisse in der APO sein, der außergalaktischen-außerparlamentarischen Opposition.

Die Europawahl Ende Mai ist für beide Parteien das nächste Etappenziel. Die Drei-Prozent-Hürde müsste zu überwinden sein. Und doch ist es knapp. In Umfragen liegen beide Parteien jeweils gleichauf bei etwa vier Prozent. Für die FDP geht es darum, in ihrem Existenzkampf nicht völlig unterzugehen. Auch noch aus dem Europaparlament herauszufliegen, wäre so eine Art Genickbruch. Und den haben bisher nur sehr wenige überlebt.

Für die AfD wäre der Einzug ins Europaparlament der erste Erfolg bei einer bundesweiten Wahl. Der käme ihr ganz recht. In einigen Ländern ist die AfD zutiefst zerstritten. Nicht mal Professor Parteichef, Bernd Lucke, weiß sich noch zu helfen.

Danach kommen noch drei Landtagswahlen in den Ostländern Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Für die AFD sind das drei Chancen. Bei der Bundestagswahl war sie dort fast durchgängig stärker als die FDP. Für die FDP sind das vor allem Risiken. Gerade in Sachsen. Das ist das letzte Bundesland, in dem die FDP noch mitregiert. Aktuelle Umfragen gibt es nicht. Bei der Bundestagswahl hatte die AfD in Sachsen aus dem Stand 6,8 Prozent bekommen. Die FDP landete bei 3,1 Prozent und damit noch weit unter dem Bundesschnitt. So gesehen ist in der engeren Bedeutung des Wortes eher die AfD ein Aszendent (das Aufsteigende) und die FDP ein Deszendent (das Absteigende).

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