Süddeutsche Zeitung

"Daphne-Projekt":Familie überlässt BKA Laptops der ermordeten Journalistin

  • Das BKA hat Laptops und Festplatten der ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia erhalten.
  • Die Familie weigert sich, die Datenträger maltesischen Ermittlern zu übergeben, denen sie nicht vertraut.
  • Zweifel an den Ermittlungen auf Malta nährten unter anderem die Erkenntnisse des Daphne-Projekts internationaler Journalisten, an dem auch die SZ beteiligt war.
  • Die Journalistin hatte zu den Panama Papers recherchiert und damit 2017 eine Staatskrise mit vorgezogenen Neuwahlen ausgelöst. Drei Auftragsmörder sollen sie mit einer Autobombe getötet haben.

Von Bastian Obermayer und Hannes Munzinger

Das Bundeskriminalamt hat zwei Laptops und mehrere Festplatten der ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia erhalten. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden bestätigte auf Anfrage von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR, dass die Geräte dem BKA durch einen Mittelsmann im Auftrag der Familie der Journalistin übergeben wurden. Caruana Galizia war im Oktober vergangenen Jahres mit einer Autobombe unweit ihres Hauses getötet worden.

Die Söhne und der Witwer Caruana Galizias hatten sich seit Monaten geweigert, die Laptops der Journalistin an die maltesische Polizei oder einen zuständigen Ermittlungsrichter zu übergeben und waren dafür von Vertretern der regierenden Labour-Partei scharf kritisiert worden. Die Familie hatte stets auf den Schutz der Quellen der Journalistin und mangelndes Vertrauen in die maltesischen Behörden verwiesen.

Die maltesischen Ermittler erhoffen sich von den Laptops und Festplatten, die mutmaßlich E-Mails und vertrauliche Recherchedokumente enthalten, offenbar Hinweise auf die Drahtzieher des Mordanschlags. Im Dezember wurden auf Malta drei Männer verhaftet, die den Mord nach Erkenntnissen der maltesischen Polizei und der amerikanischen Bundespolizei FBI gemeinschaftlich begangen haben sollen. Bei den Tatverdächtigen soll es sich aber um Auftragsmörder handeln.

Die Übergabe der Daten ans BKA scheint ein Kompromiss zu sein

Zweifel an den Ermittlungen auf Malta nährten auch die Erkenntnisse einer Kooperation internationaler Journalisten, dem sogenannten Daphne-Projekt, an dem neben der SZ unter anderen die New York Times, Reuters, Die Zeit und The Guardian beteiligt waren. Demnach gingen die maltesischen Ermittler Hinweisen auf Beziehungen zwischen den Tatverdächtigen und Wirtschaftsminister Christian Cardona zunächst nicht nach.

Die Übergabe der Daten an eine ausländische Ermittlungsbehörde scheint nun ein Kompromiss zu sein, um die Ermittlungen nicht zu behindern. Im Fall der Panama Papers, zu denen Daphne Caruana Galizia recherchiert und damit 2017 eine Staatskrise mit vorgezogenen Neuwahlen ausgelöst hatte, arbeitet das BKA seit Ende 2017 mit der maltesischen Justiz zusammen.

Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden habe den dafür zuständigen Untersuchungsrichter bereits informiert, dass auch ein Austausch der nun erhaltenen Daten möglich sei, soweit diese im Zusammenhang mit den Panama Papers stünden. Bislang liege ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen aus Malta nicht vor.

Neben der Polizei, die in Malta dem Büro des Premierministers untersteht, ermittelt ein unabhängiger Untersuchungsrichter im Fall der ermordeten Journalistin. In den vergangenen Tagen verdichteten sich die Gerüchte, dass dieser Richter befördert und dadurch von dem Fall abgezogen werden soll. Kritiker der Regierung sehen darin eine politische Einflussnahme auf die Ermittlungen.

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SZ vom 24.05.2018/jsa
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