Süddeutsche Zeitung

Rechtspopulismus in Dänemark:Dänen kontrollieren wieder an ihren Grenzen

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Wenn Rechtspopulisten Politik machen: An der deutsch-dänischen Grenze soll es wieder Grenzkontrollen geben. Die Dänische Volkspartei hat ihre Forderung durchgesetzt und eine Mehrheit hinter sich gebracht. Man müsse gegen "illegale Einwanderer" vorgehen.

Ein freies Europa, ein freier Binnenmarkt, das bedeutete spätestens seit dem Schengen-Abkommen, das 1995 in Kraft trat, ungehindertes Reisen zwischen den Mitgliedsstaaten, ohne an der Grenze vor einem Schlagbaum anhalten zu müssen und kontrolliert zu werden.

Auch Dänemark hat das Abkommen, das nach einem kleinen Ort im Dreiländereck von Deutschland, Luxemburg und Frankreich benannt ist, seinerzeit unterzeichnet und - etwas später als Deutschland und andere europäische Staaten - 2001 umgesetzt. Jetzt macht die Regierung in Kopenhagen einen Schritt zurück in die Zeit vor Schengen und führt die Grenzkontrollen an der deutsch-dänischen Grenze, wie auch zwischen Dänemark und Schweden, wieder ein.

Die machtvollen Rechtspopulisten von der Dänischen Volkspartei hatten auf Plakaten neue Schlagbäume an der Grenze zu Deutschland verlangt - und ihren Willen jetzt weitgehend durchgesetzt. "Das ist einfach gesunde Vernunft", verkündete Parteichefin Pia Kjærsgaard lächelnd, als sie am Mittwoch eine Mehrheit des Regierungslagers hinter ihre Forderungen gebracht hatte.

Keine Schlagbäume, aber "permanente Kontrollen"

Zwar soll dabei auf altmodische Schlagbäume verzichtet werden, aber mit "permanenten Kontrollen" durch Zöllner soll, etwa am wichtigsten Grenzübergang auf der Europastraße 45 - die deutsche Autobahn A 7 - zwischen Padborg in Dänemark und Flensburg in Deutschland, ein fast schon vergessenes Kontrollsystem allseits sichtbar und zu neuem Leben erweckt werden. Man müsse all die Kriminellen aus Osteuropa und illegal einreisende Wirtschaftsflüchtlinge bremsen, hatte Kjærsgaard in den vergangenen Wochen verkündet und ihren Vorstoß so begründet.

Mit Blick auf die Sorge deutscher Urlauber auf dem Weg an die dänischen Küsten meinte Kjærsgaard: "Die meisten werden mit einem freundlichen Lächeln durchgewinkt." Außerdem bleibe Dänemark Teil des Schengen-Raumes, der eigentlich den freien Grenzübertritt garantieren soll.

Sie wiederholte bei Verhandlungen mit Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen erfolgreich das Spiel, mit dem sie bereits in den vergangenen zehn Jahren erfolgreich war: Jahr um Jahr rang Kjærsgaard der Minderheitsregierung neue Verschärfungen beim Zuwanderungs- und Aufenthaltsrecht für Ausländer ab und gab als Gegenleistung ihr Ja zum jeweiligen Haushalt oder anderen Regierungsvorhaben.

Jetzt war es eine Pensionsreform, die mit dem in Dänemark seit zehn Jahren dominierenden "Ausländerthema" nichts zu tun hat. Die Regierung brauchte aber eben wieder die Stimmen der Rechtspopulisten. Denen kam es kurz vor dem irgendwann dieses Jahr anstehenden Wahlkampf gerade recht, dass sie sich als Wächter gegen allzu viele unerwünschte Ausländer ins Bild setzen konnte. "Die anderen Parteien haben ja keinen Finger dafür gerührt", rühmte Kjærsgaard ihre Rolle bei der Wiedereinführung der Grenzkontrollen.

Nach demselben Muster hatte sie seit Ende 2001 unter anderem massive Verschärfungen beim Familiennachzug von Zuwanderern, die Halbierung der Sozialhilfesätze für diese Gruppe und immer neue Hürden für das Erlangen der dänischen Staatsbürgerschaft vorgeschlagen und stets weitgehend durchgesetzt.

Bei drei Folketing-Wahlen in Folge stand die Zuwanderung im Zentrum, dreimal konnten die Dänische Volkspartei und ihre Partner aus dem traditionell bürgerlichen Lager recht souverän gewinnen. Diesmal sieht es nach Umfragen so aus, als hätten die Dänen im Gefolge der Finanzkrise andere Sorgen im Kopf; ein Regierungswechsel gilt als durchaus möglich. Kjærsgaard aber will entweder vor oder nach der Sommerpause wieder mit ihrem wichtigsten Thema in den Wahlkampf ziehen: "Irgendjemand muss den Kampf ja aufnehmen."

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