Dänemark:Triumph in der Niederlage

Die Rechtspopulisten, absehbare Wahlverlierer, haben das Land in ihrem Sinn verändert.

Von Kai Strittmatter

Eines stand schon vor der Wahl in Dänemark fest: Anders als in anderen Ländern bricht sich hier keine Wut gegen das "System" und die "Systemparteien" Bahn. Bei der Europawahl gaben vier von fünf Dänen ihre Stimme einer Partei, die jetzt an der Regierung ist oder aber in der Vergangenheit einmal Regierungspartei war. Sollten die Umfragen recht behalten, werden die großen Gewinner die Sozialdemokraten sein, und die großen Verlierer Dänemarks Rechtspopulisten.

Dänemark also die Insel der Seligen in stürmischen Zeiten? Leider nein. Das Rezept nämlich, mit dem die etablierten Parteien die Rechtspopulisten wieder auf Zwergenmaß stutzen, ist gefährlich: Sie kopieren einfach große Teile von deren Agenda. Sie machen die Rechten überflüssig, indem sie selbst in der Ausländer- und Flüchtlingspolitik weit nach rechts rücken. Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei hat die Politik und die Gesellschaft in dem Land in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert, ohne an der Regierung gewesen zu sein.

Und so ist die absehbare Niederlage der Rechtspopulisten eigentlich die Folge eines großen Triumphes: Mit ihrer stets engstirnigen, manchmal absurden und immer öfter auch unmenschlichen Agenda haben sie alle anderen angesteckt und Dänemark ein Stück weit nach ihrem Bilde geformt.

© SZ vom 06.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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