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Dänemark startet Grenzkontrollen:Minister ruft deutsche Urlauber zum Boykott auf

Dänemark beginnt mit permanenten Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland und Schweden. International ist das heftig umstritten. Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn rät Urlaubern jetzt sogar, das Land zu meiden - und lieber in Polen oder Österreich Ferien zu machen.

Der dänische Zoll beginnt an diesem Dienstag mit seinen international heftig umstrittenen permanenten Kontrollen. An Grenzübergängen zu Deutschland sollen zunächst 30 zusätzliche Zollbeamte stichprobenartig nach Drogen und Waffen suchen. Für dänisch-schwedische Übergänge sind 20 Beamte vorgesehen. Die Überwachung soll später ausgedehnt werden.

Die neuen Kontrollen kamen auf Druck der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (DF) zustande. Die EU-Kommission und die Bundesregierung haben die Pläne der Kopenhagener Regierung scharf kritisiert. Sie sehen darin eine potentielle Gefährdung der Reisefreiheit innerhalb der Europäischen Union und verlangen die strikte Einhaltung des Schengener Unions-Vertrages.

Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) fordert als Reaktion auf die Wiedereinführung der Kontrollen jetzt sogar einen Dänemark-Boykott: "Wenn Dänemark zur Urlaubszeit wieder Grenzkontrollen einführt, kann ich nur dazu raten, auf der Stelle umzudrehen und lieber in Österreich oder Polen Urlaub zu machen", sagte Hahn der Bild-Zeitung.

Die dänische Regierung versicherte unterdessen, dass sie sich an den Schengen-Vertrag halten werde. Das Land will mit den neuen Kontrollen die internationale Kriminalität eindämmen. Wie die Zollbehörde mitteilte, traten zunächst Beamte am Autobahn-Grenzübergang Frøslev-Ellund bei Flensburg in Aktion. Sie sollen Jagd auf Schmuggler machen. Normale Reisende, unter ihnen auch die deutschen Nordsee-Urlauber, müssten keine Behinderungen befürchten, hieß es.

Zuvor hatte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) davor gewarnt, die Kontrollen könnten "zu einem Menetekel für die Freiheit in Europa werden". Allerdings betonte er auch, dass die deutsch-dänische Freundschaft stabil sei.

"Wir wollen offene Grenzen und nicht geschlossene. Wir wollen mehr Personenverkehr und mehr Wirtschaftsverkehr", erklärte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Andreas Schockenhoff sagte, die Entscheidung der dänischen Regierung sei kein Beitrag zur inneren Sicherheit des Landes, sondern bediene allein nationalistische Strömungen.

Die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen erfüllt mit den Grenzkontrollen eine Forderung der rechtspopulistischen DF. Wieder zurückgenommen werden könnten die Maßnahmen nach einem sozialdemokratischen Sieg bei den noch in diesem Jahr anstehenden Parlamentswahlen in Dänemark.

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