Dänemark:Nicht lustig

Das Land schränkt den Verkauf von Lachgas ein.

Von Kai Strittmatter

Lachgas ist der populäre Name für Distickstoffmonoxid, chemische Formel N₂O. Es ist ein farbloses Gas mit vielfacher Verwendung. Eingesetzt wird es unter anderem für die Herstellung von Sprühsahne, aber auch als Oxidationsmittel in Raketenantrieben. Die leicht betäubende und euphorisierende Wirkung von Lachgas entdeckten Jahrmarkt-Schausteller und Ärzte schon im 19. Jahrhundert, seither wird es von Zahnärzten und in Krankenhäusern als Betäubungsmittel eingesetzt. Als solches steht es seit 1977 auf der "Liste der unentbehrlichen Arzneimittel" der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Lange war der Ruf von Lachgas also tadellos, zumindest bevor Wissenschaftler entdeckten, dass Düngemittelindustrie und Landwirtschaft - N₂O entweicht aus gedüngten Äckern - es zu einem zerstörerischen Treibhausgas gemacht hatten. Die dänische Politik allerdings hat Lachgas nun als viel unmittelbarere Bedrohung identifiziert: Lachgas hat unter Jugendlichen in Dänemark in den letzten zwei, drei Jahren eine steile Karriere als billige, legale und leicht zugängliche Partydroge gemacht und Ärzten zufolge schon mehrere Todesopfer gefordert.

Konsumenten können sich den Stoff bislang an jeder Straßenecke besorgen: Sie kaufen die kleinen metallischen Kartuschen für die Sahnesiphons und inhalieren dann meist aus Luftballons, die sie damit füllen. Es ist ein kurzer Rausch, der nur wenige Minuten anhält - weswegen manche den Ärzten zufolge an einem Abend zwischen 50 und 200 solcher Kartuschen verbrauchen. Vor allem nach öffentlichen Festen stolpert man auf Gehwegen und in Parks in Kopenhagen überall über die weggeworfenen Patronen. Kopenhagener Drogen-Hotlines berichten, dass die Anzahl der Anfragen und Notrufe wegen Lachgas-Vergiftungen zuletzt schnell wuchs.

Einer Umfrage der dänischen Gesundheitsbehörden zufolge inhaliert in der Altersgruppe der 15- bis 25-jährigen männlichen Schüler und Studenten schon jeder sechste ab und zu Lachgas. Oft in Kombination mit Alkohol oder anderen Drogen. Alarmiert hat die Behörden, dass es dabei mittlerweile vereinzelt zu Todesfällen gekommen ist. "Letztlich ist es ein Nervengift", erklärte der Arzt Asmus Bisgaard dem staatlichen Rundfunk DR. Ein Problem sei, dass die Konsumenten, anders als die Mediziner, nicht dafür sorgen, dass der Körper während des Konsums noch genug Sauerstoff erhält. Das kann zu Nervenschäden oder gar zum Ersticken führen.

Diese Woche nun reagierte die Politik. "Der große Missbrauch von Lachgas verunsichert viele Eltern und kann unseren dänischen Jugendlichen irreparable Schäden zufügen", sagte Wirtschaftsminister Simon Kollerup. Im Parlament steht eine große Mehrheit für den Plan der Regierung, von Mai an als erstes EU-Land den Verkauf von Lachgas an Jugendliche unter 18 zu verbieten. Jede andere Privatperson soll nur mehr zwei Patronen à acht Gramm kaufen dürfen. Kiosken und Läden, die gleichzeitig Alkohol und Zigaretten führen, und die zuletzt gut verdienten an den Sahnekartuschen, soll der Verkauf ganz verboten werden. Die Frage ist, wie effektiv das Verbot sein wird: Auf Amazon gibt es den 50er-Pack Kartuschen schon für knapp 20 Euro.

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