Dänemark:Ex-Ministerin muss in Haft

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Inger Støjberg, ehemalige Integrationsministerin von Dänemark. (Foto: Martin Sylvest/dpa)

Ein Sondergericht in Kopenhagen verurteilt die ehemalige Integrationsministerin Inger Støjberg zu 60 Tagen Gefängnis. Sie hatte die Zwangstrennung von Flüchtlings-Ehepaaren durchgesetzt.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Die "dänischen Werte", die hat Inger Støjberg als Politikerin immer gerne vor sich hergetragen. Nach dem Urteil, das am Montag gegen sie verkündet wurde, öffnete sie schockiert den Mund. Und dann, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte, sagte Støjberg, verloren habe nicht nur sie, "verloren haben die dänischen Werte". Als sei sie, Inger Støjberg, deren Verkörperung.

Es war ein historisches Urteil, das da in Kopenhagen gesprochen wurde. Inger Støjberg, 48 Jahre alt, ehemalige Ministerin für Ausländer und Integration, muss ins Gefängnis. 60 Tage Haft ohne Bewährung. Weil sie als Ministerin bewusst gegen das Recht verstoßen hatte: Im Jahr 2016 hatte die damalige Ministerin eine Anordnung erlassen, die nach Dänemark geflüchtete Ehepaare zwangsweise voneinander trennte, wenn einer der Partner jünger als 18 Jahre alt war.

Das Urteil wurde gesprochen von einem vom Parlament einberufenen Sondergericht. In 100 Jahren war es erst das zweite Mal, dass ein Minister vor ein solches Sondergericht gestellt wurde. Und es fiel erstaunlich einhellig aus: 25 von 26 Richtern befanden Støjberg für schuldig.

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Inger Støjberg ist eine der schillerndsten Politikerinnen Dänemarks, eine Ikone der harten Rechten, denn als Integrationsministerin hatte sie vor allem ein Ziel verfolgt: es Flüchtlingen und Migranten in Dänemark so schwer wie möglich zu machen. Sie verfolgte eine Art Abschreckungspolitik, die ihr Echo noch heute findet in der Politik der sozialdemokratischen Regierung.

Wettlauf um die schärfste Ausländerpolitik

Dabei war die Bauerntochter Støjberg eine Politikerin der Liberalen Partei (Venstre), lieferte sich dort aber einen Wettlauf mit der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei um die schärfste Ausländerpolitik im Land. Støjberg gewann den Wettlauf. Sie setzte durch, dass ankommenden Flüchtlingen der Schmuck abgenommen wurde als Pfand für etwaige Kosten des Staates. Dann erarbeitete ihr Ministerium ein Burka-Verbot, später ein "Ghetto"-Gesetz, das alle Familien in offiziell als "Ghettos" eingestuften Nachbarschaften dazu verpflichtet, ihre Kinder in Nachhilfestunden zu schicken, um "dänische Werte" zu pauken. Schlagzeilen machte sie, als sie im Jahr 2017 vor die Öffentlichkeit trat mit einer Torte, auf der 50 Kerzen brannten - um die fünfzigste Verschärfung des Ausländerrechtes zu feiern.

Die Zwangstrennung der jungen Ehepaare 2016 - ohne Prüfung der jeweiligen Einzelfälle - begründete sie mit einem angeblichen Schutz vor Zwangsheiraten. Das Ergebnis waren Leid und ärztlich dokumentierte Traumata bei mehreren der Betroffenen, einige unternahmen Suizidversuche.

Die dänische Presse begrüßte fast einhellig das Urteil. Støjberg habe "vorsätzlich gegen das Gesetz verstoßen", meinte die konservative Jyllands-Posten. Der Gerechtigkeit sei Genüge getan worden, schrieb die liberale Politiken. Einen großen Gewinner gebe es auch, schreibt die Zeitung, nämlich "die dänischen Werte": jene Werte, "die im Fundament der Rechtsstaatlichkeit verankert sind: dass niemand über dem Gesetz steht, nicht einmal Minister".

Inger Støjberg aber sagte nach dem Urteil, sie gehe "erhobenen Hauptes" ins Gefängnis, und schon zuvor hatte sie gesagt, nein, selbstverständlich bereue sie nichts. Das klang so, als wolle sie nun die Märtyrerin geben, und zumindest einige Politikerinnen der Dänischen Volkspartei scheinen Støjberg dabei zur Hand gehen wollen: Støjberg hat mittlerweile die Liberalen verlassen. Und bei den Rechtspopulisten gibt es offenbar noch immer einige, die darauf hoffen, Inger Støjberg als neue Vorsitzende zu gewinnen. Dann, wenn die frühere Ministerin aus dem Gefängnis kommt, erhobenen Hauptes natürlich.

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