Dänemark:Explosion vor Polizeiwache

Dänemark: Polizeitechniker untersuchen den Ort der Explosion in Kopenhagen.

Polizeitechniker untersuchen den Ort der Explosion in Kopenhagen.

(Foto: Philip Davali/AP)

Dänemark erlebt eine rätselhafte Anschlagsserie. Ermittler vermuten hinter den Bombenattentaten jedoch eher kriminelle Banden, nicht Terroristen.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Nach zwei Bombenattentaten innerhalb von vier Tagen in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen rätselt die Nation, wer hinter den Anschlägen stecken könnte. Der erste Anschlag am Dienstag hatte den Hauptsitz der dänischen Steuerbehörde im Viertel Østerbro getroffen, am Samstagmorgen dann war die Polizeiwache im Stadtteil Nørrebro das Ziel. Bei der Explosion am Dienstag war eine Person von Trümmern leicht verletzt worden, ansonsten hatten die mächtigen Explosionen vor allem Schäden an den betroffenen Gebäuden angerichtet. "Das waren Angriffe gegen die Gebäude, nicht gegen Menschen", sagte Polizeipräsident Jørgen Bergen Skov, "aber es ist noch zu früh, um etwas über Motive sagen zu können."

Bislang ist nicht einmal klar, ob die Anschläge miteinander zusammenhängen oder ob es Verbindungen gibt zu sieben weiteren Bombenexplosionen in den vergangenen sechs Monaten in Kopenhagen. Die Polizei veröffentlichte das Video einer Überwachungskamera von dem mutmaßlichen Täter, zu sehen ist ein in Schwarz gehüllter Mann, dessen Alter die Polizei auf 15 bis 25 Jahre schätzt, der kurz vor der Explosion eine Tasche abstellt. Die Druckwelle ließ in benachbarten Häusern die Fenster bersten. "Es ist ein reines Wunder, dass es nicht viel schlimmer gekommen ist", schrieb Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Samstag auf Twitter. Sie erklärte, dass sie den Sicherheitsrat einberufen werde. Der Anschlag sei "völlig inakzeptabel": "Für die Polizei und die Bürger ist es entscheidend, dass wir uns alle sicher fühlen, wenn wir zur Arbeit gehen und uns in unseren Städten bewegen."

Im Nachbarland Schweden zählte die Polizei 96 Explosionen - allein im ersten Halbjahr 2019

Die Polizei hat eine Sonderkommission eingerichtet, bislang aber gibt es mehr Spekulationen als Erkenntnisse. Die Attentate auf das Steueramt und die Polizei sähen aus "wie ein Angriff auf das System und damit eine Eskalation", schrieb die Zeitung Berlingske. Von Terror möchte aber kaum einer sprechen im Moment, die meisten Kommentatoren tippen auf Bandenkriminalität und verweisen auf das Nachbarland Schweden, in dem Bombenanschläge dieser Art schon seit Jahren Alltag sind. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres habe die Polizei in Schweden 96 Explosionen registriert, meldete Dänemarks öffentlich-rechtlicher Rundfunk DR. In Schweden stecken fast immer rivalisierende Verbrecherbanden hinter den Anschlägen. Dänemark war dagegen bislang verschont geblieben von solchen Wellen der Gewalt. Zuletzt hatte ein Bombenanschlag am vergangenen Mittwoch das Rathaus der schwedischen Stadt Landskrona verwüstet, auf der anderen Seite des Öresunds, der Dänemark und Schweden trennt - nur einen Tag nach der Explosion bei Kopenhagens Steuerbehörde. Man führe einen "sehr engen Dialog mit den schwedischen Kollegen", so Polizeichef Jørgen Bergen Skov, es sei aber "zu früh, um etwas über mögliche Zusammenhänge zu sagen".

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