Burschenschafter in Stuttgart: Jenseits jeglicher Liberalität
(Foto: dpa)Wie deutsch soll ein Burschenschafter sein? Wie ist mit rechtsextremem Gedankengut zu verfahren? Auf diese Fragen hat das außerordentliche Treffen der mehr als 115 Einzelbünde des Dachverbandes Deutscher Burschenschaften (DB) keine Antworten gegeben. Nur eines ist klar: Der DB rückt nach rechts.
Auf dem Treffen in Stuttgart, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, wurde die Teutonia Wien zur Vorsitzenden Burschenschaft gewählt. Sie gehört zum Zusammenschluss Burschenschaftliche Gemeinschaft, der auch Bünde zu seinen Mitgliedern zählt, die zeitweise vom Verfassungsschutz beobachtet wurden.
Zwei von ihnen sollten per Antrag aus dem Dachverband ausgeschlossen werden. Doch es kam gar nicht erst zur Abstimmung. Dazu hätte die Satzung des Dachverbandes geändert werden müssen. Der entsprechende Antrag einer Burschenschaft aus München sei jedoch abgelehnt worden, berichten Teilnehmer. Überhaupt sei die Mehrzahl der Forderungen liberal-konservativer Burschenschaften abgeschmettert worden.
Die Diskussion über Deutschstämmigkeit als Aufnahmekriterium in eine Burschenschaft wurde nach Informationen von Süddeutsche.de vertagt. Somit seien drängende Fragen nicht geklärt, heißt es aus Kreisen liberaler Buschenschafter. Dass sich der DB während des Treffens vom Nationalsozialismus distanziert habe, sei nicht überraschend. In den Diskussionen sei rechtes Gedankengut geäußert worden.
Lediglich die Absetzung von Schriftführer Norbert Weidner wurde abgenickt. Weidner, Mitglied bei den Bonner Raczecks, hatte einen Leserbrief in deren Zeitung, dem Bundesbrief, veröffentlicht. Darin bezeichnete er den NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als "Landesverräter". Derzeit läuft deswegen ein Verfahren gegen ihn. Außerdem veröffentlichte er ein Interview mit dem sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten und Burschenschafter Arne Schimmer, der für einen "differenzierten Blick auf das Dritte Reich" plädierte.
Christian Becker von der Initiative "Burschenschafter gegen Neonazis" bezeichnet Weidner als "Bauernopfer". Dessen Absetzung sei ein Versuch, die liberal-konservativen Bünde vom Austritt abzuhalten. Diese Strategie geht jedoch nicht wirklich auf. "Während des Treffens wurde immer klarer, dass bestimmte Ansichten einfach nicht zusammenpassen", sagt Michael Schmidt, Sprecher des als liberal geltenden Zusammenschlusses Initiative Burschenschaftliche Zukunft (IBZ). Die Bünde würden nun über den Austritt nachdenken.