Süddeutsche Zeitung

CSU:Söder für Steuerreform ohne Tabu

  • Der bayerische Finanzminister Markus Söder arbeitet an einem neuen Steuerkonzept.
  • Es soll vier Schwerpunkte haben: Er will den Soli-Zuschlag streichen, die kalte Progression abschaffen, niedrige und mittlere Einkommen entlasten und die Abgeltungsteuer reformieren.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Bayerns Finanzminister Markus Söder will Steuerzahler entlasten und bis Juli ein Konzept für eine umfassende Steuerreform vorlegen. "Wir brauchen nach Jahren des Stillstandes eine neue Gerechtigkeit in der Steuerpolitik", sagte Söder am Dienstag der Süddeutschen Zeitung.

In Abstimmung mit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer lässt Söder in seinem Ministerium ein Steuerkonzept mit vier Schwerpunkten erarbeiten. Söder will den Soli-Zuschlag streichen. Er will die sogenannte kalte Progression abschaffen, eine Art schleichende Steuererhöhung.

Sie kommt zustande, wenn Arbeitnehmer bei Lohnerhöhungen automatisch in einen höheren Steuersatz rutschen und mehr Steuern zahlen müssen, obwohl die Lohnerhöhung von der allgemeinen Inflation aufgezehrt wird, sie real also nicht mehr Geld im Portemonnaie haben. Der "Tarif auf Rädern", die Kopplung des Steuersatzes an die Inflation, sei "auf Dauer unvermeidbar". Drittens will Söder niedrige und mittlere Einkommen bei der Einkommensteuer "fair entlasten".

Wie hoch die Entlastung ausfallen werde, hänge vom finanziellen Spielraum ab. Dieser berechne sich aus den Steuermehreinnahmen und den Ersparnissen, die der Staat aufgrund der niedrigen Zinszahlungen erziele. Söder rechnet damit, dass mehr als die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kürzlich angedeuteten zwölf Milliarden Euro zur Verfügung stehen könnten. "Da ist mehr Luft drin", sagte er.

Mehr Sparer als Aktionäre in Deutschland

Besonders wichtig ist Söder der vierte Punkt, die Reform der Abgeltungsteuer. Derzeit zahlen Bürger auf Einkünfte aus Kapitalerträgen eine pauschale Abgeltung von 25 Prozent, Arbeitseinkommen werden deutlich höher besteuert. Ab etwa 53 000 Euro zu versteuerndes Einkommen greift der Spitzensteuersatz von 42 Prozent. "Wir brauchen eine neue Balance zwischen Aktien und Arbeit", sagte Söder. "Die Besteuerung dieser Einkünfte muss angeglichen werden".

Söder plädiert für eine Reform ohne Tabu. "Wir werden sehen, wie viel nach einer grundlegenden Reform noch übrig bleibt". Von den Bürgern werde es "zunehmend als ungerecht empfunden, wenn mit harter Arbeit kaum mehr die Chance bestehe, annähernd ein Vermögen zu verdienen so wie es mit Kapital möglich ist".

Deutschland bleibe ein Land, in dem Sparer und Arbeitnehmer den größeren Teil der Bevölkerung stellen als Aktionäre. Arbeitnehmer, die sich heute überlegten, wen sie wählen sollten, fühlten sich ohnmächtig gegenüber Institutionen wie der Europäischen Zentralbank und transferierten diese Ohnmacht ins eigene System. "Dann neigen sie dazu, anders zu wählen." Die AfD speise sich nicht nur aus der Flüchtlingspolitik.

Söder will die Schwesterpartei CDU motivieren, "mit einem gemeinsamen Paket für eine umfassende Steuerreform" in den Bundestagswahlkampf 2017 zu ziehen. Ob eine solche Reform mit Schäuble durchsetzbar sein könnte, ließ Söder offen. "Er ist ein harter Sparringspartner. Als Erstes müssen wir die Erbschaftsteuer vernünftig regeln". Die Reform der Erbschaftsteuer ist seit Monaten blockiert. Am Mittwoch versucht die Koalition erneut, sich zu einigen.

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SZ vom 01.06.2016/lkr
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