CSU:Seehofers langsamer Abschied von der Staatskanzlei

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Er geht nicht, er schreitet: Horst Seehofer und sein Gefolge in der CSU-Zentrale. (Foto: picture alliance / Andreas Geber)

Wie eine Ministrantenriege reiht Horst Seehofer das künftige Berliner CSU-Personal in München auf. Seinen wohl letzten Coup als Ministerpräsident kostet er genüsslich aus.

Von Dominik Fürst

Diese Langsamkeit. Horst Seehofer geht nicht zur Bühne, er schreitet. Seine Arme baumeln links und rechts, der CSU-Chef schaut zufrieden in die Runde. Er hat einen Tross aus künftigen Ministern und Staatssekretären mitgebracht in die Münchner Parteizentrale. Sie reihen sich an der Seite der Bühne auf wie ein Ministranten-Chor. Der Chef wendet sich ihnen zu, um etwas zu sagen. Dorothee Bär lacht laut auf. Dann schreitet Seehofer weiter, zum Rednerpult. Es ist sein Abschiedstermin, und er ist fünf Minuten zu früh dran.

"Mit Ablauf des 13. März werde ich mein Amt des Ministerpräsidenten niederlegen", sagt Seehofer also und es klingt nur ein bisschen wehmütig. Schon morgen werde der entsprechende Brief bei Landtagspräsidentin Barbara Stamm eingehen. "Damit löse ich die Zusage ein, dass das alles vor Ostern noch seinen Abschluss findet." Der CSU-Chef wirkt zufrieden. "Ich bin schlicht dankbar, dass ich dieses Amt zehn Jahre ausüben durfte. Wir haben für Bayern viel erreicht", sagt er noch. Aber es gibt auch ein paar Personalien zu erklären.

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Seehofer hat gerade eine Sitzung des Parteivorstands hinter sich, der nach dem Ja der Sozialdemokraten zur großen Koalition zum ersten Mal nach der Bundestagswahl mit so etwas wie Planungssicherheit zusammenkommen konnte. Jetzt beginnt sich in hoher Geschwindigkeit das nächste Kabinett zu formen - und Seehofer ist hier, um die CSU-Mitglieder dieser nächsten Bundesregierung vorzustellen. Schließlich ist ihm ein letzter Coup als Ministerpräsident gelungen, den er hier auskosten möchte.

Scheuers Brust schwillt vor Stolz

Drei Spitzenposten waren der CSU im Kabinett versprochen. Das schien manchen übertrieben für eine Partei, die bei der Bundestagswahl nur 6,2 Prozent der Stimmen erhielt. Nun sind es vier Spitzenposten - und Seehofer hat alle Kandidaten, die ursprünglich um die Ämter konkurrierten, glücklich gemacht. Er bittet sie nacheinander zu sich auf die Bühne: Zunächst Gerd Müller, der Entwicklungshilfeminister bleiben darf. Müller habe "eine hervorragende Arbeit gemacht", sagt Seehofer und nennt dessen Ministerium eine "ganz wichtige Position".

Seehofer selbst arbeitet bald als Innenminister, als Super-Innenminister sogar, mit einem um die Bereiche Bau und Heimat erweiterten Ressort. Als er die Unterschiede zu Müllers Ministerium am Beispiel Flüchtlingspolitik beschreiben will, sagt Seehofer, er selbst sei zuständig für Begrenzung und Ordnung, Müller für Humanität.

Dann darf Andreas Scheuer auf die Bühne. Der 43-Jährige fiel als Generalsekretär unter anderem mit der Aussage auf, wonach der "fußballspielende, ministrierende Senegalese, der über drei Jahre da ist," das "Schlimmste" sei, weil man den nicht mehr abschieben könne. Als Scheuer auf die Bühne hopst, drückt er vor lauter Stolz die Brust so sehr nach vorne, dass man Angst um seine Hemdknöpfe haben muss. Er reiht sich zwischen Müller und Seehofer ein.

Dorothee Bär, die Frau, die laut über Seehofers Spruch gelacht hat, ist mit 39 Jahren die Jüngste im Team. Für sie hat Seehofer den Job der Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt erdacht (oder ausgehandelt, man weiß das nicht so genau), und das könnte ganz gut passen. Bär sei "in der Szene hochanerkannt", sagt jedenfalls Seehofer, "und in der Sache so bewandert, dass ich mit ihr am liebsten keine Diskussion führen möchte, sonst schau ich vielleicht noch älter aus."

Auch den künftigen Generalsekretär Markus Blume (ein besonnener Typ und "Vater unseres Grundsatzprogramms", so Seehofer), dessen Stellvertreterin Daniela Ludwig und die künftigen Staatssekretäre Stephan Mayer und Thomas Silberhorn bittet Seehofer noch aufs Podest. Dann werden Fotos gemacht, und Seehofer würde am liebsten gleich mit dem Regieren anfangen. "Wir wollen jetzt Gas geben, weil wir der Bevölkerung beweisen wollen, dass wir eine gute Politik machen."

Die CSU hat eine Art internen Bandenkrieg hinter sich

Er kehrt jetzt nach Berlin zurück, das er aus seiner Zeit als Gesundheits- (1992-98) und Landwirtschaftsminister (2005-08) gut kennt. Aber zuvor will Seehofer noch alle bayerischen Familienangelegenheiten ins Reine bringen. Nicht, dass dort vieles im Argen liegen würde: "Bayern stand in seiner über tausendjährigen Geschichte noch nie so blendend da", hat er erst vor wenigen Tagen dieser Zeitung gesagt (und alle Missstände - wie Wohnungsnot in den Städten oder Internetnot in den Dörfern - verschwiegen).

Die CSU hat eine Art internen Bandenkrieg hinter sich. Gewonnen hat der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder, er soll am 16. März als Ministerpräsident vereidigt werden. Und Seehofer will kein schlechter Verlierer sein. Als er gefragt wird, ob er Söder ein letztes Ei legen wollte mit der Terminierung seines Rücktritts, beugt sich Seehofer so weit über sein Rednerpult nach vorne, dass es fast bedrohlich wirkt. "Ich habe am 13. März meine letzte Kabinettssitzung und die möchte ich noch machen", grollt er. Zum Anstand gehöre auch, sich vernünftig zu verabschieden. Dazu lasse er sich diese Woche Zeit, ehe er und die Kollegen Bär, Scheuer und Müller am 14. März zu Bundesministern ernannt werden.

Und das war es dann. Nach einer halben Stunde verschwindet Seehofer. Während Bär, Scheuer und Müller noch bleiben, um sich vor den Mikrofonen und Kameras zu platzieren und ihre künftigen Aufgaben zu erklären, ist der Chef schon weg. Im April soll er noch offiziell im Landtag verabschiedet werden. Schon jetzt aber nimmt er sich ausgiebig Zeit, um Tschüss zu sagen.

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