Süddeutsche Zeitung

CSU:Seehofer stoppt wichtige Gesetze der Koalition

Die CSU blockiert geplante Reformen von Leiharbeit und Erbschaftsteuer, obwohl diese bereits in der Regierungskoalition abgestimmt waren. Angeblich, weil sie Bayerns Wirtschaft schaden.

Von Guido Bohsem, Thomas Öchsner und Daniela Kuhr, Berlin

In der großen Koalition ist ein heftiger Streit ausgebrochen, weil die CSU zwei wichtige Gesetzesentwürfe überraschend blockiert hat. Sowohl bei der Reform der Erbschaftsteuer wie auch bei der Regulierung der Leiharbeit votiert die Partei gegen bereits in der Regierungskoalition abgestimmte Vorschläge. Nun sollen Kanzlerin Angela Merkel, SPD-Chef Sigmar Gabriel und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) eine Lösung in den Streitfragen suchen.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) warf der Union vor, "strategische Spielchen" zu spielen. "Ich kann nur feststellen, dass mit CDU/CSU derzeit keine Gesetze möglich sind, die Menschen zugute kommen", sagte Nahles. Die Arbeitsministerin will mit dem geplanten Gesetz den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen einschränken. Nachdem sie in einer überarbeiteten Fassung den Arbeitgebern entgegen gekommen war, hatte das Kanzleramt das Vorhaben offenbar gebilligt.

Es sei "fest zugesagt" gewesen, dass die Ressortabstimmung am Dienstag eingeleitet wird, also der Entwurf an die anderen Fachministerien geht, sagte Nahles. Dann aber habe es "in den letzten 24 Stunden eine heftige Auseinandersetzung gegeben" und jetzt liege das Gesetz "auf Eis". Eine Million Leiharbeiter müssten nun auf mehr Sicherheit und Geld warten. Sie werde aber ihren Entwurf nicht noch einmal ändern, kündigte die Arbeitsministerin an.

Seehofer will "Arbeitsplätze sichern"

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, hatte vor dem Auftritt von Nahles Korrekturen gefordert und erklärt, die CSU könne auch dem geänderten Entwurf nicht zustimmen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte, bei den Vorschlägen könne es nicht bleiben. Die CSU sei hier sehr geschlossen.

Auch bei der Reform der Erbschaftsteuer schaltet die Partei auf stur. Die bayerische Landesregierung einigte sich auf acht Punkte, die bei der Reform berücksichtigt werden müssten. Die Forderungen zielen alle darauf ab, die Belastungen für die Erben von Unternehmen zu senken. Mit dem Beschluss gilt ein Kompromiss wieder als hinfällig, den die Finanzexperten von SPD und CDU, Carsten Schneider und Ralph Brinkhaus, gemeinsam mit Hasselfeldt ausgearbeitet hatten.

Seehofer sagte : "Wir wollen Arbeitsplätze sichern, wenn ein Betrieb übergeht. Das ist bisher nicht gewährleistet." Lange schon argumentiert die CSU zudem, dass die von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplante Reform der bayerischen Wirtschaft schade. Die Experten der Partei befürchten, dass viele Betriebe ins benachbarte Österreich abwandern könnten, wo keine Erbschaftsteuer erhoben wird.

Die Zeit für eine Lösung in der Frage drängt. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber aufgefordert, das Erbschaftsteuerrecht bis Ende Juni zu reformieren. Grob gesprochen verlangen die obersten Richter, die Erben von Unternehmen höher zu besteuern als bisher. Seit Monaten streitet sich die Koalition, wie dies geschehen kann, ohne den Unternehmen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.

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SZ vom 25.02.2016
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