CSU: Ramsauer im Gespräch:Lange Liste für Liberale

Schwarz-Gelb, ja, bitte - aber in vielen Punkten fühlt sich Peter Ramsauer, der Chef der CSU-Landesgruppe in Berlin, uneins mit der FDP. Ein Video-Interview

Oliver Das Gupta, Peter Lindner und Hans-Jürgen Jakobs

Bis zur Bundestagswahl am 27. September und einer neuen Bundesregierung ist es noch ein wenig hin - aber die neue Zeit wirft bei Peter Ramsauer, Landesgruppen-Chef der CSU in Berlin, schon seine Schatten voraus.

CSU: Ramsauer im Gespräch: Peter Ramsauer, der Chef der CSU-Landesgruppe in Berlin

Peter Ramsauer, der Chef der CSU-Landesgruppe in Berlin

(Foto: Foto: dpa)

Auf einem Spiral-Notizblock hat er sich mögliche Streitpunkte in den Koalitionsgesprächen mit der FDP notiert - die Liste ist lang. So sieht der Mann, den sie "Ramses" nennen, bei der Wehrpflicht Konfliktpotential mit dem Wunschpartner FDP. Bei Koalitionsverhandlungen mit den Liberalen auf Bundesebene würde dies "sicherlich ein Streitpunkt" sein, sagt Ramsauer im Gespräch mit sueddeutsche.de.

FDP-Chef Guido Westerwelle hat zuletzt ein Ende der Wehrpflicht in Deutschland gefordert. Ramsauer bekräftigt, die CSU bekenne sich vom Grundsatz her zur Wehrpflicht - räumt gleichzeitig aber ein, dass es Reformbedarf gebe.

"Wir entfernen uns mehr und mehr von der Wehrgerechtigkeit", sagt Ramsauer. Der CSU-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl zeigt sich offen für Veränderungen in der kommenden Legislaturperiode: "Wir wollen die Wehrpflicht gerechter und attraktiver gestalten."

Ramsauer zählt neben der Wehrpflicht weitere Themen auf, bei denen sich Union und FDP deutlich unterscheiden - und Streit programmiert ist: Das EU-Beitrittsverfahren der Türkei, die Grüne Gentechnik, die Zuwanderungs- und Asylpolitik, die Stammzellenforschung und der Schutz des ungeborenen Lebens.

Besonders bei der Gesundheitspolitik wird der CSU-Mann lebhaft. Eine von der FDP gewollte weitgehende Privatisierung des Gesundheitswesens sei mit "uns nicht zu machen", wettert er. Auch in der Familienpolitik seien die Vorstellungen "teilweise entgegengesetzt", so Ramsauer, und nennt als Beispiel die Debatte um das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Dass Schwule Kinder haben, deckt sich nicht mit den Vorstellungen des CSUlers über die ideale "bürgerliche Welt".

Trotz aller Unterschiede möchte die Union natürlich deshalb lieber mit der FDP regieren als weiter mit der SPD, erzählt Ramsauer, der auch stellvertretender CSU-Chef ist. Die Sozialdemokraten lebten in einer "anderen Grundsatzwelt"; im neuen Bundestag würden viele SPD-Mitglieder, die im rechten Seeheimer Kreis organisiert sind, gehen - und viele Mitglieder der Parlamentarischen Linken kommen. Ramsauer zeigt sich "froh, dass wir das Kompromissgefängnis der großen Koalition bald verlassen werden".

Der CSU-Landesgruppenchef vermisst beim Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan eine klare Exit-Strategie. Bei Auslandseinsätzen gelte es generell, ein umfassendes Konzept zu haben, einschließlich der Frage, "wie und wann man das Einsatzland wieder verlässt", sagt Ramsauer: "Die Beschreibung dieses Weges ist im Fall Afghanistan immer noch viel zu diffus." Im Rahmen einer "langfristigen Exit-Strategie" müssten bald die nächsten Etappen festgelegt werden. Ramsauer stellt in Aussicht, Anfang der kommenden Legislaturperiode in der Causa zu "wesentlich klareren Wegbeschreibungen" zu kommen.

Mit Blick auf die schwelende Debatte um die Atomkraft in Deutschland weist Ramsauer auf die "Endlagerproblematik" hin. "Man kann unideologisch feststellen: Mit dem strahlenden Müll hinterlassen wir der Nachwelt ein Problem", erklärte Ramsauer.

Ramsauer bekräftigte im Gespräch mit sueddeutsche.de die Forderung nach einer Laufzeitverlängerung der "sicheren deutschen Kernkraftwerke". Von einem Bau neuer Reaktoren könne jedoch keine Rede sein, sagte Ramsauer, der sich selbst als "keinen großen Freund der Kernkraft" bezeichnete.

Ramsauer lobt seinen Parteifreund Karl-Theodor zu Guttenberg als "einen unserer ganz, ganz tüchtigen, jungen Politiker". Er mache seine Arbeit als Bundeswirtschaftsminister "sehr unabhängig" und orientiere sich an den ordnungspolitischen Grundsätzen der CSU. Guttenberg, der Umfragen zufolge derzeit der beliebteste Politiker Deutschlands ist, hat nach den Worten Ramsauers, das Zeug zu einem weiteren politischen Aufstieg: "Ihm ist eine gute, große Zukunft gewiss."

Ob auch die Profis der CSU wissen, dass die wahre Stunde erst in der Krise kommt - dann also, wenn der Freiherr aus Franken, den seine Gegner als "Baron aus Bayern" verulken, den ersten Fehler macht?

Das Gespräch führten Peter Lindner, Hans-Jürgen Jakobs und Oliver Das Gupta.

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