CSU preist Franz Josef Strauß:Die Wahl fällt auf einen Gottvater

Lesezeit: 3 min

Großes Franz-Josef-Strauß-Revival in Berlin: Die CSU würdigt ihren Altmeister mit einer Ausstellung und einer Rede des einstigen Gefolgsmanns Stoiber - rechtzeitig vor der Wahl.

Thorsten Denkler, Berlin

Wer sich auf die Suche nach den Affären von Franz Josef Strauß macht, der wird ganz hinten rechts im Raum fündig. Auf der Rückseite der Stelltafel über das Leben und Wirken des einstigen bayerischen Ministerpräsidenten finden sich ein paar eher nachrichtlich gehaltene Sätze zur Spiegel-Affäre. Und auf der anderen Seite des Atriums in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin, da gibt es - immerhin - noch etwas Kurzes über die Fibag-Affäre zu lesen.

Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber bei einem CSU-Parteitag im September 1979 in München (Foto: Foto: dpa)

Es gäbe durchaus noch mehr zu berichten in dieser neuen Ausstellung "Strauß. Ein deutsches Leben": über "Onkel Aloys", das berühmte Sonthofen-Papier, die Lockheed-Affäre, die Abhör-Affäre, die Amigo-Affäre. Aber zwei Affären, das soll dann wohl reichen. Mehr muss nicht sein mit Hinweisen auf die nicht immer astreinen Umtriebe des Franz Josef Strauß.

Heute eröffnet diese Ausstellung über den Gottvater der CSU. Heute ist irgendwie schon Wahlkampf, denn im September bestimmen die Bayern über ihr künftiges Parlament, und der einstige Strauß-Spezi Karl Josef Dersch verkündet via Abendzeitung: "Jetzt, nach 20 Jahren, braucht ihn die CSU plötzlich sogar als Verstorbenen für den Wahlkampf." Heute ist der Tag, an dem es im Wesentlichen darum geht, dass Strauß der "größte politische Sohn Nachkriegsbayerns" sei.

Der größte Sohn des Landes

Dieser Satz fürs weiß-blaue Lehrbuch stammt von einem anderen ehemaligen Ministerpräsidenten des Freistaates: Edmund Stoiber, den Ziehsohn des Geehrten. An der Seite von Strauß war der Eröffnungsredner Freund, CSU-Generalsekretär und gerne auch das "blonde Fallbeil" der Partei.

Dazu passt der Satz, den der damalige Kardinal Ratzinger in seiner Trauerrede über Strauß gesagt hat: Er sei standhaft und stark gewesen - wie eine Eiche. Und am Ende sei er gefällt worden - wie eine Eiche. Nein, nicht vom "blonden Fallbeil", eher vom Leben. Strauß starb am 3. Oktober 1988, nachdem er bei einem Jagdausflug zusammengebrochen war.

Wenn man vom tödlichen Ausgang im Leben des Franz Josef Strauß absieht, ist Stoiber am Ende auch gefällt worden. Diesmal von den eigenen Leuten mit vielen kleinen Axthieben. Es soll nicht die einzige Parallele zwischen Stoiber und Strauß bleiben, die an diesem Vormittag im schwül-warmen Berlin zutage tritt.

Stoiber darf also die Festrede halten heute. Sein eigener ehemaliger Generalsekretär, der heutige bayerische Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Markus Söder, hat ihn dazu eingeladen. Er habe nur "kurz gezögert. Und dann sofort zugesagt.". Strauß, Stoiber, Söder - so sieht die Kontinuität der CSU in den Köpfen mancher aus.

Die Themenstellung dürfte ganz nach Stoibers Geschmack gewesen sein. "Politik an der Seite von Franz Josef Strauß" ist die Rede überschrieben. Das lässt viel Raum für die Ich-Form. Es geht ja um Stoibers Straußen-Erlebnisse. Er, der sich, wie er sagt, als junger Generalsekretär nicht habe vorstellen können, dass er einmal den CSU-Politiker in drei so wichtigen Ämter beerben würde: Parteichef, Ministerpräsident und Kanzlerkandidat.

Dass es beide nicht geschafft haben, ins Kanzleramt, "in das wichtigste operative Amt" in Deutschland, dafür hat Stoiber eine Erklärung. Strauß, sagt er, habe immer vom Grundsätzlichen her gedacht. Möglicherweise sei aber genau das nicht sonderlich hilfreich gewesen, um Kanzler zu werden. Das klingt gut. Prinzipientreue, das war immer auch etwas, was sich Stoiber auf die Fahnen geschrieben hat. Auch er hat verloren. So kann man sich eine Niederlage nachträglich schönreden.

Sowohl Strauß als auch Stoiber sind nach dem Flop übrigens auch nicht mehr als Minister in die Bundesregierung gegangen. Über seine eigenen Nachfolger in den Ämtern des Ministerpräsidenten und des Parteichefs verliert Stoiber kein Wort. Beide waren an diesem Freitag nicht da. Verhindert wegen dringender Termine.

Ein ganz normales Revival

Dafür waren zwei der drei Kinder von Franz Josef Strauß anwesend: Monika Hohlmeier und der jüngste, Franz-Georg Strauß. Beide mussten sich von Stoiber nach dessen Rede ausgiebig herzen lassen. Was Hohlmeier sichtbar leichter fiel als ihrem Bruder. Sie musste nach der Wahlfälschungs-Affäre ihren Hut als Kultusministerin unter Stoiber nehmen; jetzt kandidiert sie wieder für den Landtag, da kann sie sich keine schlechten Bilder erlauben.

Der dritte Sohn Max war namentlich nicht erwähnt worden, dürfte sich aber wohl nach wie vor von seinen eigenen Affären erholen. Franz Georg wiederum freut sich über diese Ausstellung der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung, organisiert von der Historikerin Renate Höpfinger. "Mein Vater erlebt ein ganz großes Revival", sagt der Mann, der ein Buch über seinen Vater geschrieben hat, das bald erscheinen soll. Der Filius will endlich aufräumen mit den Negativurteilen über FJS.

Nach dem Tod des Vaters sei eine Welle über die Familie Strauß hereingebrochen, bei der die CSU "systematisch in Deckung gegangen" sei, sagt Franz Georg. Vielleicht wirkte er bei der Umarmung des Ehrenvorsitzenden Stoiber deshalb so verhalten. Aber diese Welle, die all die kleinen und großen Affären der Familie Strauß hochspülte, die sei nun "gebrochen". Es gebe wieder "die Sehnsucht der Menschen nach einer Überfigur".

Wenn es so wäre, könnte es der CSU gerade recht sein. Am 23. September wird in Bayern gewählt. Der Wahlkampf ist hart. Und eine freistaatliche Identifikationsfigur ist gerade nicht in Sicht. Die Ausstellung zieht deshalb bald weiter, nach Bayern. Sie soll am 3. Oktober, dem 20. Todestag von FJS, bei einem Staatsakt zu sehen sein.

Dann werden auch der Parteivorsitzende und der Ministerpräsident dabei sein, versprach Minister Söder. Nur: Wer das dann sein wird, sagt er nicht.

© sueddeutsche.de/jja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Franz-Josef Strauß zum Aschermittwoch
:Die deftigsten Sprüche

Er etablierte den politischen Aschermittwoch in Bayern und machte die bissigen Reden nach Fasching zu einer bundesweit bekannten Institution.

Jetzt entdecken

Gutscheine: