Süddeutsche Zeitung

Positionspapier:CSU will junge Menschen zu "Deutschland-Praktikum" verpflichten

  • Aus einem Positionspapier der CSU, das der Parteivorstand beschließen soll, gehen Pläne für ein verpflichtendes "Deutschland-Praktikum" hervor.
  • Auszubildende und Studenten sollen im Rahmen ihrer Berufsqualifikation bei der Bundeswehr oder bei zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Praktikum absolvieren müssen.
  • Angaben, wie lange ein solches Praktikum dauern soll, und einen Zeitplan für die Umsetzung des Papiers gibt es bislang nicht.

Von Wolfgang Wittl

Acht Jahre nach Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht möchte die CSU alle Auszubildenden und Studenten zu einem sogenannten "Deutschland-Praktikum" verpflichten. Das geht aus einem Positionspapier hervor, das der CSU-Parteivorstand an diesem Montag beschließen soll. Wörtlich heißt es darin: "Wir wollen darüber hinaus die Einführung eines staatsbürgerlichen Deutschland-Praktikums während der Ausbildungszeit, das bei staatlichen, sozialen, ökologischen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen oder der Bundeswehr absolviert werden kann." Der knapp vierseitige Entwurf liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Wann dieses Praktikum eingeführt werden und wie lange es dauern soll, steht noch nicht fest. Offen ist auch, ob es mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr verknüpft werden könnte. Anders als einst bei Wehrpflicht oder Zivildienst soll das Praktikum nicht nur für Männer, sondern für alle Geschlechter gelten. Es ermögliche der jungen Generation einen wertvollen Einblick in Berufe, die für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung seien, sagt der stellvertretende CSU-Generalsekretär Florian Hahn, der das Konzept im Auftrag von Parteichef Markus Söder erarbeitet hat: "Das Deutschland-Praktikum stärkt den Staatsbürger, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und unser Land."

Mit dem Vorstoß will die CSU das konservative Profil der Union schärfen. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte bereits im vergangenen Jahr - damals noch als Generalsekretärin - eine Debatte über die Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht angestoßen. In der CSU wird daher damit gerechnet, dass die Pläne bei der Schwesterpartei Zustimmung finden.

Keine Rückkehr zur Wehrpflicht durch die Hintertür

Auf Betreiben des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war die Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 ausgesetzt worden. Guttenberg hatte sich gegen heftige interne Widerstände auch in seiner Partei durchgesetzt. Eine Rückkehr zur Wehrpflicht durch die Hintertür sei jetzt aber nicht vorgesehen, sagte Hahn der SZ. Dies sei bei der derzeitigen Rechtslage gar nicht möglich. Von einem solchen Praktikum sollen vielmehr staatliche und zivilgesellschaftliche Einrichtungen ebenso profitieren wie die Bundeswehr. Zudem gewinne jeder Auszubildende "die konkrete Erfahrung, etwas Wertvolles für sein Land geleistet zu haben".

Das Positionspapier trägt den Namen "Bekenntnis zu Bundeswehr und Bündnissen". Die CSU will damit das Ansehen der Bundeswehr innerhalb der Gesellschaft stärken. Dies dürfte mit Blick auf die Europawahlen am 26. Mai auch strategische Gründe haben. Viele Soldaten hatten sich zuletzt von etablierten Parteien abgewendet und Sympathie für die AfD erkennen lassen. Sie sollen wieder zurückgewonnen werden. "Wir danken denjenigen, die bereit sind, für unser Land Leib und Leben zu riskieren", steht in dem Papier. "Gleichzeitig werben wir für eine breite Anerkennung der Bundeswehr in der Gesellschaft."

Die Wertschätzung müsse sich auch in der finanziellen Absicherung ausdrücken. Neben einer besseren Ausstattung der Bundeswehr fordert die CSU "eine kompatibel ausgerüstete, gemeinsam ausgebildete und eingesetzte europäische Armee bis 2030". Als Partner von Frankreich soll Deutschland "auf Augenhöhe" an der Entwicklung einer europäischen Raketenabwehr, eines Kampfflugzeugs und -panzers mitwirken.

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Quelle:
SZ vom 06.05.2019
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