Süddeutsche Zeitung

CSU-Landesgruppe:Eintracht Bayern

Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt geben sich auf der Klausur im Kloster Seeon harmonisch wie selten. Der Grund ist ein Termin im Herbst.

Von Boris Herrmann und Johann Osel, Berlin, München

Das Jahr geht gut los für Alexander Dobrindt. Es ist ihm anzumerken, wie sehr er sich freut, die traditionelle Winterklausur seiner CSU-Landesgruppe im Bundestag wieder an ihrem traditionellen Ort begehen zu können. Im oberbayrischen Kloster Seeon nämlich, das Dobrindt eine "Idylle" nennt und damit auch atmosphärisch vom Veranstaltungsort der beiden zurückliegen Jahre abgrenzt. Da fand der politische Jahresauftakt der CSU-Abgeordneten nämlich pandemiebedingt in Berlin statt, wo aus weiß-blauer Weltsicht das Ampel- und das Böllerchaos regieren. Im Innenhof des Klosters dagegen wird es jetzt sogar noch ein bisschen idyllischer. "Die CSU steht zusammen", verkündet Dobrindt, was sich in diesem Moment kaum bestreiten lässt, denn direkt neben ihm steht Markus Söder. "Danke für die Einladung. Danke für die tolle Zusammenarbeit", sagt der CSU-Chef.

Dass zwei Führungskräfte derselben Partei ihre Eintracht so engagiert betonen, deutet aber auch darauf hin, dass ihre Zusammenarbeit nicht immer so einträchtig war. Söder kokettierte vergangenen Sommer mal selbst damit, Dobrindt und er seien "nicht geborene beste Freunde" gewesen. Zu Zeiten des einstigen CSU-Machtkampfs zwischen Söder und Horst Seehofer war das, beschönigend umschrieben, ohnehin der Fall. Und auch später, nachdem Söder 2019 Parteichef geworden war, gab es manchmal arge Misstöne - vor allem, wenn Dobrindt mit seiner Landesgruppe am Münchner CSU-Vorstand vorbei vorpreschte.

Neuerdings lässt Söder aber kaum eine Gelegenheit aus, Dobrindt für dessen "ganz hervorragende" Arbeit in Berlin zu danken. Einem Mitglied der Unionsfraktion ist aufgefallen: Söder lobt den Landesgruppenchef nicht nur. Er lobt ihn sogar glaubhaft. In der Partei selbst sind manche überrascht, wie reibungslos das Tagesgeschäft zwischen dem Münchner Machtzentrum der CSU und der Berliner Dependance mittlerweile läuft. Und wer hochrangige Christsoziale darauf anspricht, der erntet schon mal ein zufriedenes "Gell, da schaun'S".

Im Fokus steht die Bayernwahl

Die neue Harmonie hat mehrere Gründe. In Bayern steht im Herbst 2023 die für Söder zentrale Landtagswahl an. Es gilt für ihn, die Landesregierung mit den Freien Wählern zu verteidigen und ein besseres Ergebnis einzufahren als die für CSU-Verhältnisse äußerst bescheidenen 37,2 Prozent von 2018. Im Wahljahr nun wird Söder zwar gegen die Ampel poltern, wo es nur geht - für Klein-Klein-Debatten in der Hauptstadt kann und will der Parteichef aber wohl gar nicht zu viel Kraft investieren. Der Bund ist 2023 für die CSU "eindeutig ein Nebenschauplatz", hört man in Münchner CSU-Kreisen. Und Söder wisse, dass er sich auf den Berliner Statthalter verlassen kann. Weil Dobrindt wie kein anderer in der CSU die Abläufe im Parlamentsbetrieb kenne, er sei "ein echtes Pfund als Stratege".

Söders grüne Strategie-Phase gilt heute offiziell als beendet, die Stammklientel wird gepflegt. Ein konservativer Wadenbeißer wie Dobrindt ist in der CSU wieder en vogue. Neulich erst warnte er angesichts der Straßenkleber vor einer "Klima-RAF", in Seeon bringt er Sanktionen für das SPD-geführte Berlin wegen der Silvesterkrawalle ins Spiel. Auch in der EU gebe es für Mitglieder mit Defiziten bei der "Rechtsstaatlichkeit" finanzielle Konsequenzen, sagt Dobrindt. Er stellt Berlin also mal eben auf eine Stufe mit Ungarn. Und Söder scheint das zu gefallen. Er plant im Landtagswahlkampf den Länderfinanzausgleich als großes Thema. Tenor: Die armen Bayern müssen links regierte Länder durchfüttern.

Die CSU will in Seeon aber auch ein außenpolitisches Ausrufezeichen setzen, das zeigt ein Blick auf die Gästeliste. Am Samstag wird Roberta Metsola, die Präsidentin des Europäischen Parlaments, im Chiemgau erwartet. Später reist dann auch noch Natalia Gavrilita an, die Ministerpräsidentin der Republik Moldau, eines Nachbarlandes der Ukraine. Es ist auch kein Zufall, dass im Beschlusspapier der Klausur eine ganze Reihe von sicherheitspolitischen Forderungen stehen. Die CSU will etwa den Soldatenberuf in Deutschland wieder "attraktiver gestalten", die Besoldung anheben und perspektivisch die Bundeswehr deutlich vergrößern. Zunächst einmal geht es Dobrindt aber um eine stärkere Unterstützung der Ukraine. Er ruft die Ampel-Koalition dazu auf "eine europäische Initiative zur gemeinsamen Abgabe von Leopard-2-Panzern" zu starten. Söders ehrliches Lob klingt an diesem Tag so: "Danke der Landesgruppe für die tollen Papiere."

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