CSU-Generalsekretär Söder:Ein Schnellredner in der Midlife-Crisis

Generalsekretär Markus Söder glaubt fest an seine Zukunft - doch wie sie aussehen wird, ist offen.

Sebastian Beck

Es gibt sogar Leute, die Markus Söder richtig gut finden. Die CSU-Landtagsabgeordnete Christine Haderthauer zum Beispiel. Der Markus, sagt sie also, der habe schon viele Stärken: Verschwiegen sei er, kameradschaftlich, loyal und vor allem verlässlich, was in der Politik doch extrem selten vorkomme.

Und ein "Schnell-Checker" sei er obendrein: "Da kommen andere nicht mit." Zurzeit muss Söder besonders dankbar sein für solchen Zuspruch. Denn der CSU-Generalsekretär ragt ziemlich einsam aus der Landschaft, seitdem das Imperium seines Ziehvaters Edmund Stoiber in Trümmer gefallen ist.

So sitzt Söder in seinem Büro in der Münchner CSU-Zentrale, eine 1.-FC-Nürnberg-Tasse in der Hand, und zählt die Namen von Menschen auf, die ihn leiden können oder von denen er es zumindest vermutet. Bayern-Manager Uli Hoeneß gehört definitiv nicht mehr dazu.

Das weiß Söder seit Sonntagabend, als er in einer Talkshow von Hoeneß regelrecht angefallen wurde: Wo er denn bitteschön gewesen sei, in den vergangenen Wochen, herrschte ihn der Stoiber-Verehrer Hoeneß an. Söder konterte hilflos, er sei und bleibe ein Stoiberianer.

Doch das nützte ihm alles nichts: Da saß er wieder unter den Scheinwerfern und gab ungewollt den glatten CSU-Karrieristen aus München. Fescher Anzug, telegen, aber unsicher, wenn er mit Phrasen nicht weiterkommt. Eine Rolle, in die er immer wieder gerät, seitdem er 2003 von Stoiber als CSU-Generalsekretär eingesetzt wurde.

Der Vorwurf diesmal: Markus Söder habe sich feige von seinem Dienstherrn Edmund Stoiber abgesetzt. Das ist insofern neu, weil sich Söder jahrelang anhören musste, er sei der Bauchredner des Parteichefs. Vor knapp zwei Wochen noch beschimpfte ihn eine Zeitung als "beflissenen Schuhputzer Stoibers", der dem Ministerpräsidenten aus Angst um die eigene Karriere nicht die Wahrheit sagen wolle.

Alte Rechnungen

Das schmerzt selbst einen wie Söder. Stinkesauer sei er nach der Sendung am Sonntag gewesen, sagt er. Verletzend sei die Kritik an ihm, geradezu menschenverachtend werde sie manchmal formuliert.

Tatsächlich ist nichts leichter, als einen Söder-Verriss zu schreiben: Kein anderer CSU-Politiker hat sich in so kurzer Zeit so viele Feinde zugezogen, und zwar in ganz Deutschland. Die CSU-Fraktion hat ihn schon immer mit Argwohn beäugt, den smarten Aufsteiger, den Zögling des Ministerpräsidenten. Nur zu gerne würden es jetzt seine Widersacher sehen, wenn nach Stoiber auch dessen Generalsekretär stürzen würde.

An der Nürnberger Basis wird Stimmung gegen ihn gemacht, die Zeit scheint gekommen zu sein, um alte Rechnungen zu begleichen: Der Söder, sagt einer aus der Nürnberger CSU, der habe neben sich keinen anderen geduldet. Jetzt wollen ihn viele loswerden. Söder hat auch gemerkt, dass die Lage für ihn brenzlig wird.

Gerade erst hat er seinen vierzigsten Geburtstag gefeiert, zumindest als Politiker ist er in die Midlife-Crisis gestürzt: Jetzt muss sich zeigen, ob ihm der Wechsel vom Schnellsprecher auf allen Kanälen ins seriöse Fach gelingt. Deshalb gibt er sich im Gespräch geradezu demütig: "Ich habe mich immer bemüht", sagt er über seine Zeit als CSU-Generalsekretär. Und über seine Zukunft: "Ich arbeite an dem Platz, an den mich die Partei stellt."

Begeisterte Mädels

Wo das sein wird, ist offen: Dass Söder sich für ministrabel hält, ist kein Geheimnis. Nur gibt es in der CSU-Fraktion einerseits einen Überschuss an ambitionierten Franken und andererseits eine nicht geringe Zahl von Kollegen, die Söder am liebsten mit einem Posten als Sozialstaatssekretär demütigen würden.

Ob er als Generalsekretär bleiben kann, ist so ungewiss wie alles in der CSU. Ihm selbst schwant ebenfalls, dass die Wegstrecke holprig werden könnte, weshalb er auf sein Alter verweist. Vorsichtshalber. Mit 40 Jahren, sagt Söder, zähle er zu den wenigen Jungen in der CSU. Übersetzt heißt das: Ich finde mich ziemlich gut und kann auch noch ein paar Jahre aussitzen, zur Not als einfacher Abgeordneter. Irgendwann aber, komme ich noch groß raus.

Denn einstecken kann er, das hat Söder bewiesen. Und über politisches Talent verfügt er auch. Nur geht es im Söderschen Grundrauschen oft unter. Er redet wie ein Radiomoderator: viel und ohne Denkpausen. Bei ihm passen grüne Gentechnik, das kostenlose Kindergartenjahr und ein Bekenntnis zu Stoiber in einen Hauptsatz.

Er sei viel ruhiger geworden, sagt Söder und spielt dabei mit seinem Handy. Er müsse auch nicht mehr zu allem was sagen. Aber Söder weiß auch: Zwei Jahre in der Enquetekommission zur Energiepolitik haben ihm weniger öffentliche Resonanz eingebracht als eine Presseerklärung, in der er sich fürs Sandmännchen im Fernsehen einsetzte. Das mit dem Sandmännchen ist hängengeblieben. Leider, findet Söder.

Wenigstens gibt es die Mitglieder der Frauenunion in Ingolstadt. Sie seien anfangs von der Einladung Söders nicht begeistert gewesen, erzählt die Abgeordnete Haderthauer. Zu glatt sei der Generalsekretär, habe es geheißen. Dann aber legte Söder allem Anschein nach einen überzeugenden Auftritt hin: "Seitdem sind die Mädels alle seine Fans."

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