CSU vor der Bundestagswahl:Steuersenkungen Schritt für Schritt

Sommerklausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag

Allein unterm Regenschirm: CSU-Chef Markus Söder trat am Donnerstag ohne Armin Laschet vor die Presse, der reiste heim nach NRW.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Statt zur CSU-Klausur nach Kloster Seeon reiste NRW-Ministerpräsident Laschet in seine flutgeplagte Heimat. Der Unions-Streit um Steuersenkungen bleibt vorerst ungeklärt - doch CSU-Chef Söder baut dem Kanzlerkandidaten Brücken.

Von Andreas Glas, Seeon

Unter seinen Sohlen knirschen die Kieselsteine, als Markus Söder in den Klosterhof marschiert. Es ist Donnerstag, 13.14 Uhr, und alles ist jetzt anders, als die CSU sich das vorgestellt hatte. Kaum steht Söder am Mikro, fängt es an zu regnen. Aber übers Wetter klagt natürlich keiner in Seeon. Wie zynisch wäre das an diesem Tag, an dem die Fluten durch den Westen der Republik rollen. Es sei doch klar, "dass Armin Laschet heute bei seinen Menschen in seinem Land sein muss", sagt Söder. "Unangemessen" fände er es, "jetzt hier bei uns zu diskutieren".

Nur einen Tag zuvor hatte Söder an selber Stelle eher wenig Verständnis für CDU-Chef Laschet gezeigt. Und Diskussionsbedarf angemeldet. Es brauche Steuerentlastungen, sagte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef, "das haben wir im gemeinsamen Wahlprogramm festgelegt". Es war eine Ansage an Laschet, der zuvor gesagt hatte, dass er vorerst keinen Spielraum für Entlastungen sehe - was überraschend war, da Entlastungen ja tatsächlich im Programm der Union für die Bundestagswahl stehen. Der Solidaritätszuschlag etwa soll abgeschafft, die Steuern für Unternehmen sollen gesenkt werden. Mit Spannung war also dieser Donnerstag erwartet worden, an dem Laschet zur CSU-Klausur nach Oberbayern reisen wollte. Aber dann kam eben die Flut, auch über Nordrhein-Westfalen, wo Laschet Ministerpräsident ist. Er brach seine Wahlkampftour durch Süddeutschland ab und reiste heim.

Statt über den Solidaritätszuschlag spricht Söder nun also nur über "Solidarität", über "Mitgefühl" und über die bayerische Unterstützung für NRW und Rheinland-Pfalz in der Katastrophe, "mit allen technischen Hilfsmitteln". Die Bayern kennen sich ja aus mit Hochwasser, alle paar Jahre laufen hier die Flüsse über. Daran erinnert auch Söder. Etwa an die Flut im Juni 2016, wo auch im niederbayerischen Simbach kleine Rinnsale zu Flüssen angeschwollen waren. Sieben Menschen starben. Sehr schlimm alles. Aber eine so tödliche Flutkatastrophe wie nun im Westen? "Schrecklich zu sehen", sagt Alexander Dobrindt.

Alexander Dobrindt telefonierte "intensiv" mit Laschet

Als Berliner CSU-Landesgruppenchef ist Dobrindt so etwas wie der Regisseur dieser Seeon-Klausur. Man darf ihm genauso wie Söder abnehmen, dass er ehrlich betroffen ist, natürlich. Trotzdem fällt sie nun aus, die persönliche Aussprache zwischen Söder und Laschet, die von der Regie als große Versöhnung geplant war. Er sei zuversichtlich, dass CDU und CSU "die Debatten der letzten Tage hier gut lösen können", hatte Söder trotz allen Ärgers am Mittwoch gesagt. Was also bleibt nun von dieser Fehde, die so wortgewaltig begann und nun kein richtiges Ende hat?

Er habe am Donnerstagmorgen "intensiv" mit Laschet telefoniert, sagt Dobrindt, als er mittags neben Parteichef Söder im Klosterhof steht. "Wir sind uns einig darüber, dass die Entlastungen, wie sie auch im Wahlprogramm vorgesehen sind, Schritt um Schritt auch in einer nächsten Wahlperiode umgesetzt werden." Explizit nennt Dobrindt Erleichterungen für Familien und Alleinerziehende. Hierzu steht auch einiges im Positionspapier, das die CSU in Seeon beschlossen hat. Etwa, dass die CSU am Ehegattensplitting festhalten, den Steuerfreibetrag für Kinder anheben und den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bis zum Jahr 2023 mehr als verdoppeln will, auf 5000 Euro.

"Schritt für Schritt", sagt Dobrindt also. "Schrittweise", das hatte zuvor auch Söder auffällig betont - was man als Brücke für Laschet interpretieren konnte, der Entlastungen ja nicht kategorisch ausgeschlossen hatte, sondern "im Moment", weil gerade "nicht das Geld" da sei. Zudem hatte auch Söder gesagt, dass nach der Wahl ein "Kassensturz" nötig sei. Aber was heißt das nun alles ganz genau? Die CSU, ist zu hören, fordert Steuerentlastungen bereits im Jahr 2022. Und CDU-Chef Laschet? Der hatte am Mittwoch lediglich noch einmal betont, dass es Entlastungen "nicht jetzt unmittelbar nach der Wahl" geben werde - und den finanziellen Spielraum von der Abschaffung des Solidaritätsbeitrags durch das Bundesverfassungsgericht abhängig gemacht.

Das Gespräch soll im August nachgeholt werden

Immerhin, an einer Fortsetzung des öffentlichen Streits ist weder die CSU interessiert noch die CDU. Laschet hatte schon am Mittwoch gesagt, dass er keinen Dissens in der Union sehe. Und spätestens am Donnerstag, zum Ende der Seeon-Klausur, klingt auch die CSU weitgehend versöhnt. Das geplatzte Gespräch von Seeon soll im August nachgeholt werden - doch ein Zwist, der bis dahin weiterschwelt, wäre nur Futter für die Gegner im Wahlkampf gewesen. Das wollen sich beide Parteien sparen.

Sicher, die CSU hat sich geärgert über Laschet. Doch wer in Seeon mit den Abgeordneten spricht, spürt schon auch eine gewisse Freude darüber, dass Laschet der CSU die Chance gegeben hat, diesen Ärger in Seeon zu zelebrieren - und sich auch gegenüber der CDU als Partei zu profilieren, die beharrlich auf Entlastungen drängt. Der Abgeordnete Peter Ramsauer, früher selbst CSU-Landesgruppenchef, sieht das alles sportlich. Um das eigene Profil zu schärfen, müsse manchmal eben "irgendwas her, was nach Reibung aussieht".

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