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Coronavirus weltweit:Niederlande: Ausschreitungen bei Protesten gegen Corona-Maßnahmen

  • Bei Protesten gegen verschärfte Corona-Maßnahmen sind in mehreren niederländischen Städten am Sonntag Krawalle ausgebrochen.
  • In Neuseeland verzeichnen die Behörden erstmals seit November wieder eine lokale Corona-Infektion.
  • In Israel werden nun auch junge Erwachsene im Alter von 16 bis 18 Jahren geimpft.
  • In den Niederlanden beginnt eine nächtliche Ausgangssperre. Sie soll vorerst bis zum 9. Februar gelten.
  • Astra Zeneca wird zunächst weniger Impfstoff an die EU liefern als geplant.
  • EU-Sozialkommissar Schmit äußert sich besorgt über den Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit in Europa.
  • Britische Experten sind verwundert über die Aussage von Premier Johnson, dass die Virus-Variante tödlicher sei. Das sei "nicht vollständig klar".
  • Die aktuellen Meldungen zum Coronavirus aus Deutschland.

Bei Protesten gegen verschärfte Corona-Maßnahmen sind in mehreren niederländischen Städten am Sonntag Krawalle ausgebrochen. Im Zentrum von Amsterdam setzte die Polizei Wasserwerfer, Hunde und berittene Beamte ein. Die Einsatzkräfte wurden nach eigenen Angaben mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen.

Aus Eindhoven zeigte das Fernsehen Bilder von Jugendlichen, die Geschäfte plünderten, Fahrräder warfen und Brände legten. Auch Autos sollen angezündet worden sein. Der Sender NOS meldete, in mindestens zehn Städten seien am Abend Bereitschaftspolizisten mobilisiert worden. Die Militärpolizei teilte auf Twitter mit, dass sie lokale Polizisten in mindestens zwei Städten unterstütze. Landesweit wurden mehr als 240 Menschen festgenommen. Bereits am Abend zuvor hatte es in Urk nordöstlich von Amsterdam Krawalle gegeben. Dort hatten Jugendliche nach Polizeiangaben ein Corona-Testzentrum des Gesundheitsamtes in Brand gesteckt.

Die Proteste richteten sich gegen die verschärften Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus, darunter eine nächtliche Ausgangssperre - zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie. Verstöße gegen die Sperrstunde werden mit einer Geldbuße von 95 Euro bestraft. Die Ausgangssperre ist seit Samstag in Kraft und gilt vorerst bis zum 9. Februar.

Die geschäftsführende Regierung hatte auch Reisebeschränkungen weiter verschärft. Reisende aus Hochrisikogebieten müssen einen negativen PCR-Test vorweisen, der nicht älter als 72 Stunden ist. Zusätzlich müssen Einreisende, die per Flugzeug oder Schiff kommen, einen höchstens vier Stunden vor Abreise durchgeführten negativen antigen-Schnelltest vorlegen. In den Niederlanden angekommen, sollen sich Reisende dringend in eine zehntägige Hausquarantäne begeben.

Seit Mitte Dezember gilt bereits ein Lockdown. Das Parlament hatte die Einschränkungen mit knapper Mehrheit genehmigt. Zwar war die Zahl der Neuinfektionen in den Niederlanden zuletzt rückläufig. Sorgen bereitet aber die Mutation des Virus, die erstmals in England aufgetaucht war. Insgesamt haben die Niederlande bislang 13 540 Corona-Tote und 944 000 Infektionen verzeichnet.

Neuseeland bestätigt ersten Corona-Fall seit Monaten

In Neuseeland verzeichnen die Behörden erstmals seit Monaten wieder eine Corona-Infektion. Betroffen sei eine 56-Jährige, die am 30. Dezember von einer Auslandsreise zurückgekehrt sei, teilt die Regierung mit. Während der zweiwöchigen Zwangsquarantäne sei die Frau zunächst zwei Mal negativ getestet worden. Doch nach der Quarantäne sei bei einem weiteren Test die südafrikanische Variante des Virus nachgewiesen worden. 15 engere Kontaktpersonen seien identifiziert und kontaktiert worden. Ihr Ehemann sei negativ getestet worden.

Zuletzt war nach Angaben des Gesundheitsministeriums am 18. November ein lokaler Ansteckungsfall gemeldet worden. Daneben meldeten die Behörden am Sonntag acht weitere Infektionsfälle bei Reiserückkehrern in Quarantäne.

In Israel werden ab sofort auch Jugendliche geimpft

Israel bezieht nun auch Jugendliche in seine Impfkampagne ein. Den Teenagern im Alter zwischen 16 und 18 Jahren soll laut Regierung damit die Teilnahme an Schulprüfungen ermöglicht werden, die für die Aufnahme an Universitäten wichtig sind. Erforderlich ist für die Impfung allerdings eine Einwilligung der Eltern.

Zunächst hatte sich die Impfkampagne in Israel auf Ältere und Hochrisiko-Gruppen konzentriert. Mittlerweile sind auch die über 40 Jahre alten Bürger mit dabei. Mehr als ein Viertel der Neun-Millionen-Bevölkerung Israels hat laut Gesundheitsministerium bereits mindestens eine Dosis des Impfserums von Pfizer verabreicht bekommen. Damit ist in dem Land die Impfung im Bezug auf den Anteil der Bevölkerung weltweit am weitesten vorangeschritten.

Astra Zeneca liefert weniger Impfstoff an EU als geplant

Der britische Pharmakonzern Astra Zeneca liefert weniger Corona-Impfstoff an die Europäische Union als zunächst geplant. Hintergrund seien Produktionsschwierigkeiten an einem Standort "in unserer europäischen Lieferkette", teilte ein Unternehmenssprecher am Freitag mit. Astra Zeneca werde im Februar und im März viele Millionen Dosen an die EU liefern. Der Sprecher äußerte sich nicht dazu, um wie viel die nun erwarteten Lieferzahlen hinter dem ursprünglich geplanten Volumen zurückbleiben.

Allein in Österreich werden nach Informationen der Zeitung Kurier nun im ersten Quartal lediglich 600 000 statt zwei Millionen Impfdosen erwartet. Nach Angaben aus EU-Kreisen warnte das Unternehmen gegenüber EU-Staaten vor möglichen Lieferproblemen bei seinem Impfstoff. Zuvor hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet. Der Hersteller hat zusammen mit der britischen Universität Oxford einen Impfstoff entwickelt, der in Großbritannien bereits genutzt wird. Für kommende Woche wird auch eine Zulassung in der Europäischen Union erwartet.

Wie Bild berichtete, muss der Impfstoff nach den Mutationen in einigen Ländern angepasst werden. Bereits auf Halde produzierte Impfstoffmengen könnten deshalb womöglich nicht ausgeliefert werden. Zudem sei noch nicht klar, welche Folgen der Brand in einem Werk in Indien haben werde.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte: "Wir gehen weiter davon aus, dass der Impfstoff von Astra Zeneca Ende kommender Woche für die EU zugelassen wird. Die EU hat viel in die Vorproduktion dieses Impfstoffes investiert. Nach der Zulassung wird klar, wie viel Impfstoff wann zusätzlich für Deutschland zur Verfügung steht."

EU-Sozialkommissar besorgt über Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit

Die Corona-Krise hat europaweit vor allem jungen Leuten die Chancen auf dem Arbeitsmarkt vermiest. "Der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit ist in der EU dreimal so stark wie der der allgemeinen Arbeitslosigkeit", sagte EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Die Jugend zahlt den Preis für diese Krise, was Jobs anbelangt."

Um eine neue, verlorene Generation zu vermeiden, müsse der Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit oberste Priorität in allen Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene haben, forderte er.

Zugleich warnte Schmit davor, nach der Krise auf einen Sparkurs zulasten der Sozialpolitik zu setzen. "Es wäre fatal, wenn wir den Menschen, die jetzt besonders betroffen sind, das Gefühl gäben, sie hätten den Preis der Krise zu bezahlen." Es gebe einen anderen Weg, etwa über bessere Steuereinnahmen, "auch durch die Besteuerung von Gewinnern dieser Krise".

Britische Experten verwundert über Johnsons Aussage

Britische Experten haben sich verwundert gezeigt über die Aussagen von Premierminister Boris Johnson zu einer womöglich höheren Sterblichkeit bei der in Großbritannien nachgewiesenen Virus-Variante. Derzeit liefen mehrere Untersuchungen. Es sei "nicht vollständig klar", dass die Mutante tödlicher sei, sagte die medizinische Direktorin der Gesundheitsbehörde Public Health England, Yvonne Doyle, am Samstag dem Sender BBC Radio 4. "Es ist zu früh, das zu sagen." Es gebe zwar Hinweise. Aber: "Es handelt sich nur um eine kleine Zahl von Fällen, und es ist viel zu früh, um zu sagen, was tatsächlich herauskommen wird", sagte Doyle.

Auch der Wissenschaftler Mike Tildesley, Mitglied des Expertengremiums Sage, sagte der BBC, es sei zu früh für klare Aussagen. "Ich würde gerne noch ein oder zwei Wochen warten und ein bisschen analysieren, bevor wir wirklich starke Schlussfolgerungen ziehen." Die Zahl der Todesfälle sei zwar leicht gestiegen, von zehn auf 13 je 1000 Patienten. "Aber das basiert auf einer ziemlich kleinen Datenmenge", sagte Tildesley. Er sei sehr überrascht gewesen, dass Johnson die Information auf einer Pressekonferenz verkündet habe. "Ich mache mir Sorgen, dass wir Dinge voreilig melden, wenn die Daten noch nicht wirklich besonders aussagekräftig sind", sagte Tildesley.

Regierungschef Johnson hatte am Vorabend gesagt, es gebe "einige Hinweise", dass die Variante tödlicher ist als die bislang vorherrschende. Die Mutation B.1.1.7 war Ende vergangenen Jahres in der südostenglischen Grafschaft Kent aufgetaucht und hatte sich rasch in London und Teilen des Landes ausgebreitet.

Ibiza wird wegen stark steigender Corona-Zahlen abgeriegelt

Die bei Deutschen beliebte spanische Urlaubsinsel Ibiza wird von Samstag an wegen stark ansteigender Corona-Zahlen vorerst bis zum Monatsende weitgehend abgeriegelt. Die wie Mallorca, Menorca und Formentera zu den Balearen im Mittelmeer gehörende Insel darf dann nur noch aus triftigem Grund besucht werden, etwa um zur Arbeit oder zum Arzt zu kommen, wie die deutschsprachige Mallorca Zeitung am Freitag berichtete.

Die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen 14 Tagen sei auf Ibiza auf mehr als 1800 gestiegen, meldete die Nachrichtenagentur Europa Press. Auch auf den anderen Balearen-Inseln ist die Lage kritisch. Insgesamt liegt die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen auf den Balearen bei 309. In Deutschland wurde dieser Wert mit 115 angegeben.

Die Balearen hatten die Pandemie lange Zeit relativ gut im Griff. Erste "Test-Urlauber" aus Deutschland wurden hier Ende Juni sogar schon vor der offiziellen Wiederöffnung der Grenzen in Spanien begrüßt. Seit Mitte Dezember wird die Lage aber immer schlimmer.

Vor allem auf Mallorca und der bei Deutschen besonders beliebten Partymeile "Ballermann", aber auch auf Ibiza, Menorca und Formentera berichten Hilfsorganisationen von einer drastischen Zunahme der Arbeitslosigkeit und der Armut. Der Tourismus trägt in normalen Zeiten 35 Prozent zum Regionaleinkommen bei.

Auf Mallorca demonstrierten am Freitag erneut Gastronomen gegen die Schließung der Gaststätten und die aus ihrer Sicht zu geringen staatlichen Hilfen. Genehmigt war eine Kundgebung, bei der alle Teilnehmer in ihren Autos bleiben mussten. Aber neben mehreren Hundert Fahrzeugen beteiligten sich auch rund 1000 Fußgänger an der Demo. Die Polizei schritt nicht ein.

Karneval in Rio fällt komplett aus

Der Karneval in Rio de Janeiro wird wegen der Corona-Pandemie in diesem Jahr abgesagt. Eine zunächst geplante Verschiebung des Umzugs der Sambaschulen auf Juli sei nicht machbar, teilte der Bürgermeister der brasilianischen Metropole, Eduardo Paes, am Donnerstag mit. "Es ergibt gegenwärtig keinen Sinn zu glauben, dass wir die Voraussetzungen haben werden, um den Karneval im Juli stattfinden zu lassen", schrieb er auf Twitter.

Er sei sich der wirtschaftlichen Bedeutung des Karnevals für die Stadt bewusst. Jedes Jahr ziehe die Veranstaltung Millionen Touristen an. Jedoch sei es unmöglich, die enormen Vorbereitungen zu stemmen. "Sicher werden wir 2022 (alle ordnungsgemäß geimpft) das Leben und unsere Kultur mit der ganzen Intensität feiern können, die wir verdienen", ergänzte Paes.

Eigentlich hatte der Karneval im Februar stattfinden sollen. Zwar war der Straßenkarneval angesichts der Pandemie schon länger abgesagt. Die Umzüge der Sambaschulen im Sambodrom sollten aber lediglich verschoben werden. Der Verband der Sambaschulen (LIESA) hoffte auf einen Karneval im Juli, äußerte aber Verständnis über die Absage, wie das Portal UOL berichtet. Die Ungewissheit über die Impfkampagne sei einfach zu groß.

Brasilien ist eines der am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder. Impfungen haben erst am vergangenen Montag begonnen. Im größten Land Lateinamerikas haben sich mehr als 8,6 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Etwa 214 000 Patienten sind in Zusammenhang mit Covid-19 gestorben.

Corona-Test bei Reise nach Frankreich auch für EU-Bürger Pflicht

Auch europäische Reisende müssen bei der Einreise nach Frankreich künftig einen negativen Corona-Test vorweisen. Dieser PCR-Test dürfe nicht älter als 72 Stunden sein, wie das Amt von Präsident Emmanuel Macron in der Nacht zum Freitag nach einem EU-Videogipfel mitteilte. Die Regelung gelte ab Sonntag um 0 Uhr.

Ausnahmen seien für "essenzielle" Reisen vorgesehen - das betreffe vor allem Grenzgänger und den Warenverkehr. Ob noch weitere Reisegründe als Ausnahme gelten, war zunächst unklar.

Wegen der neuen Coronavirus-Varianten hatte Frankreich zuletzt schon die Grenzkontrollen verschärft. So gilt bereits, dass bei der Einreise nach Frankreich von Ländern außerhalb der Europäischen Union ein negativer Corona-Test vorzuweisen ist. Die Reisenden sollen sich außerdem für sieben Tage isolieren. Frankreich hatte bereits Anfang der Woche betont, sich beim digitalen EU-Gipfel für Gesundheitskontrollen an den inner-europäischen Grenzen einsetzen zu wollen.

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