Pandemie:Willkommen in der Sommerwelle

Pandemie: Maske tragen oder nicht? In Innenräumen bitte freiwillig, hat Gesundheitsminister Lauterbach am Donnerstag gesagt.

Maske tragen oder nicht? In Innenräumen bitte freiwillig, hat Gesundheitsminister Lauterbach am Donnerstag gesagt.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Karl Lauterbach darf sagen, dass seine Warnungen berechtigt waren - die Corona-Zahlen steigen deutlich. Verstärkte Vorsicht sei angebracht, sagt der Bundesgesundheitsminister. Alarmismus aber nicht.

Von Angelika Slavik, Berlin

Wer Karl Lauterbach (SPD) zugesehen hat in den ersten sieben Monaten seiner Amtszeit, kann nur schwer sagen, mit welchem Gegner er härter ringt - mit dem Coronavirus oder mit der FDP. Die Liberalen sind, gelinde ausgedrückt, schwer zu begeistern für die Ideen des Bundesgesundheitsministers in Sachen Corona-Bekämpfung. Einiges von Lauterbachs Strategie blieb deshalb auch nach seiner Pressekonferenz am Freitag spekulativ.

Zum Beispiel, wie genau die neue Testverordnung aussehen soll, die alte läuft Ende des Monats aus. Oder welches Infektionsschutzgesetz die Menschen im Herbst erwartet. Klar wurde immerhin die Stoßrichtung der deutschen Pandemiestrategie. Es sollten "Winterreifen" vorbereitet werden, so der Minister. Übersetzt heißt das: Es seien umfangreichere Maßnahmen notwendig, als sie derzeit angewendet werden. Aktuell fährt Deutschland mit Sommerbereifung, findet Lauterbach.

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Das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt die Zahl der erfassten Neuinfektionen am Freitag mit 28 118 an, als Sieben-Tage-Inzidenz wurde ein Wert von 427,8 gemeldet. Allerdings dürften die Zahlen wegen des Feiertags, der am Donnerstag in einigen Bundesländern galt, nach unten verzerrt sein. Zudem gehen Experten grundsätzlich von einer hohen Zahl statistisch nicht erfasster Erkrankungen aus, weil viele Menschen ihre Infektion nicht durch einen PCR-Test bestätigen lassen. Lars Schaade, Vize-Präsident des RKI, schätzt die echte Erkrankungszahl auf etwa doppelt so hoch wie in der Statistik angegeben.

Die Sommerwelle, vor der er stets gewarnt habe, sei Realität geworden, sagte Lauterbach. Das sei ein Grund zu erhöhter Vorsicht, aber "es ist kein Alarm notwendig". Denn die aktuell dominierenden Virusvarianten gehörten zum Omikron-Typ, verursachten also in der Regel mildere Verläufe als etwa die Delta-Viren. Dennoch gebe es bei hohen Neuinfektionszahlen ein entsprechend hohes Risiko, an Long Covid zu erkranken, so Lauterbach. Die Welle dürfe also nicht unterschätzt werden. Auch sei dringend davon abzuraten, sich absichtlich zu infizieren, um für den Herbst geschützt zu sein. Das Risiko von Langzeitschäden sei zu hoch, die zu erwartende Schutzwirkung viel zu gering und zudem bestehe die Gefahr, andere Menschen anzustecken, die womöglich am Virus sterben.

Lauterbach rief deshalb dazu auf, in Innenräumen freiwillig Masken zu tragen. Die aktuelle Lage gebe es nicht her, die Masken wieder verpflichtend einzuführen, durch freiwilliges Tragen könne aber jede und jeder Einzelne das Risiko für sich selbst und andere reduzieren. Zudem sollten vierte Impfungen "großzügiger" gehandhabt werden. In vielen Fällen könne das sinnvoll sein. Auch er selbst sei wegen der vielen beruflich bedingten Kontakte viermal geimpft. Die ständige Impfkommission empfiehlt die vierte Dosis bislang nur für Risikogruppen oder Menschen, die älter als 70 Jahre sind.

Insgesamt gelte aber: "Ich bin sicher, dass wir im Herbst besser dastehen als in der Vergangenheit", so Lauterbach. Er deutete an, dass die Bürgertests auch nach Ende Juni weiter angeboten werden sollten. Deutschland habe zudem sehr viel Impfstoff bestellt. So großzügig, dass sichergestellt sei, dass alle Impfwilligen mit dem dann besten Vakzin geimpft werden könnten. Einen neuen Anlauf, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen, werde es dennoch nicht geben. Zu seinem Plan für den Herbst werde auch eine Impfkampagne gehören, die bislang nicht oder nicht ausreichend immunisierte Menschen gezielt ansprechen und damit die Impflücke in der Bevölkerung verkleinern soll.

Weitere Details zur deutschen Pandemiestrategie will Lauterbach in den kommenden Tagen und Wochen präsentieren. Darunter auch die Testverordnung und die Eckpunkte eines neuen Infektionsschutzgesetzes. Das soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause geschehen. Sobald er sich, na klar, mit der FDP geeinigt hat.

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