Coronavirus:Dritte Spritze ersetzt den Schnelltest

Coronavirus: Menschen sitzen in Hanau in der August-Schärttner-Halle und warten darauf, dass sie geimpft werden.

Menschen sitzen in Hanau in der August-Schärttner-Halle und warten darauf, dass sie geimpft werden.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Wer seinen Impfschutz auffrischen lässt, soll leichter Zugang zu "2 G plus"-Veranstaltungen haben. Gesundheitsminister Lauterbach warnt unterdessen, im Frühjahr könne der Impfstoff knapp werden.

Von Angelika Slavik, Berlin

Menschen, die ihren Impfschutz gegen das Coronavirus mit einer dritten Dosis auffrischen lassen, sollen künftig von Testpflichten weitgehend befreit werden. Darauf einigte sich der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Dienstagabend mit den Gesundheitsministern der Länder. Die Erleichterungen seien epidemiologisch sinnvoll, weil das Ansteckungsrisiko nach der dritten Dosis sehr gering sei, hatte Lauterbach schon vor Beginn der Beratungen gesagt. Zudem solle dieser Anreiz die Booster-Impfung "noch attraktiver machen, als sie ohnedies schon ist".

Bei der Befreiung von der Testpflicht bei "2 G plus"-Bedingungen - also etwa bei Veranstaltungen, bei denen doppelt Geimpfte zusätzlich noch einen negativen Test vorlegen müssen - soll es aber für medizinische Einrichtungen eine Ausnahme geben. In Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern sei selbst das minimale Restrisiko nicht akzeptabel, sagte Lauterbach, deshalb bleibe die Testpflicht bei diesen Einrichtungen auch für Menschen mit Booster-Impfung in vollem Umfang bestehen.

Die Regelung ist nicht völlig neu, sie wird in einigen Bundesländern bereits praktiziert, etwa in Baden-Württemberg. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte zudem schon vor der Beratung an, dass im Freistaat die Booster-Impfung die Testpflicht ersetzen werde.

"Die Mengen reichen nicht", sagt Lauterbach

Für Aufregung sorgte in der Sitzung die Einschätzung Lauterbachs, wonach es im kommenden Jahr einen "erheblichen Impfstoffmangel" geben werde. Das sei das Ergebnis der "Inventur", bei der man sich einen Überblick über die bestellten Impfstoffdosen gemacht habe, sagte Lauterbach nach einem Bericht des Spiegel. "Die Situation ist ausgesprochen schwierig." Er habe seinen Vorgänger als Bundesgesundheitsminister, Jens Spahn (CDU), eigentlich immer gelobt - für das erste Quartal sei insgesamt aber viel zu wenig Impfstoff gekauft worden. "Die Mengen reichen nicht, um die Boosterimpfkampagne zu fahren."

Auch im Februar und März werde die Situation nicht besser. So würden in den letzten beiden Wochen des Jahres nur 1,2 Millionen beziehungsweise 0,8 Millionen Dosen des Biontech-Vakzins ausgeliefert, so Lauterbach laut Teilnehmern. In der ersten Kalenderwoche 2022 seien es ebenfalls nur 1,2 Millionen. Vom Impfstoff des Herstellers Moderna könne man immerhin zehn Millionen Dosen pro Woche ausliefern. Dennoch sei der Mangel gravierend: In den letzten drei Januar-Wochen, so Lauterbachs Rechnung, werde es insgesamt nur 3,6 Millionen Booster-Dosen pro Woche geben.

Die Länder-Minister sollen sich angesichts der Lage schockiert gezeigt haben, hieß es - die Debatte um eine Impfpflicht werde von einem Mangel an Vakzin konterkariert. Dazu kämen die unklaren Folgen der Omikron-Variante. Lauterbach kündigte in der Sitzung an, sich mit den Herstellern Biontech und Moderna direkt in Verbindung zu setzen, um die Möglichkeit zusätzlicher Impstofflieferungen auszuloten.

Kritik an aufgeweichter Testpflicht

Am Dienstagmorgen hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Inzidenz von 375 gemeldet, dieser Wert misst die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Innerhalb von 24 Stunden wurden 30 823 neue Fälle registriert. Die sinkenden Zahlen wurden zuletzt in Zusammenhang mit überlasteten Behörden und daraus resultierenden Meldeverzögerungen gebracht - aktuell geht die Zahl der Neuinfektionen nach Einschätzung vieler Experten aber wohl tatsächlich zurück.

Die geplanten Erleichterungen für Menschen mit Auffrischungsimpfung sorgten dennoch auch für Kritik: Dieser Schritt komme "verfrüht", sagte Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbands der Amtsärzte BVÖGD den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Man wisse noch nicht genau, wie gut die Booster-Impfungen gegen die Omikron-Variante wirkten. "Solange wir nicht genügend Daten haben, um dies sicher sagen zu können, sollten wir keine voreiligen Schritte gehen", sagte Teichert. "Bewährte Instrumente" wie die Schnelltests solle man nicht aus der Hand geben. Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz kommentierte die Lockerungspläne skeptisch: Wer vor Weihnachten politische Geschenke mache, werde im Januar abgestraft.

Zur Frage, welche Folgen durch die neue Mutante Omikron zu erwarten sind, werde der neu gebildete Expertenrat noch vor Weihnachten eine Einschätzung abgeben, kündigte Lauterbach an. Das Gremium tagte am Dienstag zum ersten Mal und soll die Bundesregierung künftig bei den Coronamaßnahmen beraten.

Skeptisch reagierte Lauterbach auf die Ankündigung von Nordrhein-Westfalen, Booster schon nach vier Wochen anzubieten. Die Landesregierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte dies durch einen Erlass ermöglicht. Auch die Deutsche Gesellschaft für Immunologie äußerte sich kritisch zu diesen Plänen: Bei so einem kurzen Zeitraum zwischen den Impfungen wirke der Booster viel schlechter.

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