Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Scholz muss Zeitplan für Impfpflicht ändern

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Der Bundeskanzler kann seine Ankündigung nicht umsetzen, die Corona-Impfung spätestens im März für alle vorzuschreiben. Zu viele Fragen sind noch ungeklärt. Die Union versucht, den Druck auf die Koalition zu erhöhen.

Von Angelika Slavik, Berlin

Im Ringen um eine allgemeine Impfpflicht zeichnet sich ab, dass der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ursprünglich ausgegebene Zeitplan nicht eingehalten werden wird. Scholz hatte Ende November angekündigt, eine Impfpflicht gegen das Coronavirus solle "ab Anfang Februar, Anfang März" in Deutschland gelten. Die genaue Ausgestaltung ist bislang aber unklar, zudem sind viele rechtliche Aspekte offenbar noch nicht geklärt. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese sagte dem Tagesspiegel, man wolle nun "die Beratungen im Bundestag im ersten Quartal zum Abschluss bringen" - also bis Ende März.

Konkret soll es Ende Januar eine erste Debatte im Bundestag geben. Weil im Februar wegen des Karnevals nur eine Sitzungswoche angesetzt ist, könnte eine Entscheidung über die Impfpflicht im Bundestag frühestens in der Woche ab dem 14. März fallen. Dem Gesetz müsste auch der Bundesrat zustimmen, der dann regulär erst wieder am 8. April tagen würde. SPD-Politiker Wiese sagte, eine Impfpflicht wirke ohnehin nicht kurzfristig, sondern sei vor allem eine Vorsorge "für den kommenden Herbst und Winter".

Auch die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, bremste die Erwartungen an eine schnelle Umsetzung: Die Entscheidung über die Impfpflicht sei "so relevant und weitgehend", dass es eine "sehr sorgfältige Beratung" brauche.

Anders äußerte sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Er sagte der Bild am Sonntag: "Der Bundestag sollte schnell entscheiden, ob eine Impfpflicht eingeführt wird. Und wenn ja, für wen." Bei den Liberalen zeigt sich kein einheitliches Meinungsbild zur Frage einer allgemeinen Impfpflicht. So brachte der FDP-Abgeordnete und Infektiologe Andrew Ullmann eine Impfpflicht für Menschen, die älter als 50 Jahre sind, ins Spiel. Es sei aber möglich, dass die Omikron-Variante die Debatte ohnehin beende, sagte Ullmann der Augsburger Allgemeinen: "Es kann sein, dass Omikron in den nächsten Wochen weltweit so wütet, dass aus der Pandemie eine Endemie wird." Dann erübrige sich die Impfpflicht.

Die Union machte am Wochenende Druck auf die Koalition. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) mahnte, es gebe keine Zeit zu verlieren. Der designierte CDU-Chef Friedrich Merz forderte konkrete Vorschläge von der Bundesregierung. Die Ampel solle sagen, "was sie eigentlich gerne möchte", und das dann im Bundestag vortragen. Die Koalition hatte sich darauf verständigt, die Impfpflicht im Bundestag über Gruppenanträge zu behandeln, hinter denen sich Abgeordnete unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit versammeln können. Die Parteien begründeten das mit der Sensibilität des Themas - allerdings wäre in den Reihen der Koalitionspartner jedenfalls mit Abweichlern zu rechnen gewesen.

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, äußerte sich indes kritisch zu einer schnellen Einführung der Impfpflicht. Die sorgfältige Abwägung aller Argumente brauche Zeit. Auch der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Heinrich Bedford-Strohm, äußerte Bedenken.

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