Die Bundesregierung plant, einen Corona-Immunitätsausweis einzuführen, der ähnlich wie der Impfpass nachweisen könnte, dass eine Covid-19-Erkrankung überstanden ist. Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, der am Mittwoch im Kabinett beschlossen wurde. Voraussetzung für die Einführung eines solchen Dokuments sei jedoch, dass wissenschaftliche Beweise dafür vorlägen, dass sich Menschen nach einer Corona-Erkrankung nicht wieder anstecken können, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Diese habe man bislang noch nicht. Bei dem Gesetz handele es sich deshalb um eine "vorsorgliche Regelung".
Sollte man zu der Erkenntnis kommen, dass Menschen nach einer Erkrankung immun seien, würde ein Immunitätsdokument aber "an vielerlei Stellen" die Dinge erleichtern, sagte Spahn. Es sei eine "Chance", dass Bürger "unbeschwerter" bestimmten Tätigkeiten nachgehen könnten. Als Beispiel nannte er Beschäftigte im Gesundheitswesen. Im Gesetz heißt es, aus einer Immunität könnten "weitreichende Schlüsse für den weiteren Umgang mit Schutzmaßnahmen und vulnerablen Personengruppen gezogen werden".
Wie weitreichend diese Konsequenzen sein könnten, zeigt eine weitere Passage in dem Beschluss. Sie bezieht sich auf das Infektionsschutzgesetz, mit dem der Staat Menschen, die ansteckend oder auch nur "krankheitsverdächtig" sind, dazu verpflichten kann, in Quarantäne zu gehen oder "bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten". Künftig soll es möglich sein, in diesem Fall den Immunitätspass vorzulegen, um eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen. Angesichts der weitreichenden Kontaktverbote zur Eindämmung der Pandemie in den vergangenen Monaten könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass ein Ausweis künftig Sonderrechte mit sich bringen könnte.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) sieht die Regelungen skeptisch: "Bei jeder Form von Immunitätsnachweisen handelt es sich um Gesundheitsdaten, die besonders zu schützen sind", sagt er: "Auf keinen Fall dürfen solche Daten missbraucht werden oder zu Diskriminierung führen." Laut der Weltgesundheitsorganisation gebe es zudem noch keinen sicheren Nachweis für eine Immunität.
Für die Mitarbeiter von sozialen und medizinischen Einrichtungen könnte das neue Gesetz noch eine andere Folge haben. Laut dem Entwurf sollen Arbeitgeber hier künftig Kenntnis über alle "übertragbaren Krankheiten" ihrer Angestellten erhalten dürfen. Bislang bezog sich dieses Recht nur auf "Krankheiten, die durch Schutzimpfung verhütet werden können". Nun könnten selbst HIV-Infektionen oder Hepatitis unter die neue Regelung fallen. Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche nennt diese Pläne deshalb "fragwürdig".
In Nordrhein-Westfalen soll unterdessen bereits in zwei bis drei Wochen ein digitaler Immunitätsausweis erprobt werden. Test-Patienten werden dann mithilfe einer App einen Nachweis für ihr Corona-Testergebnis verschlüsselt in einer Datenbank abspeichern. Flughäfen, Infrastrukturunternehmen und Behörden könnten dann den Teststatus der Person digital überprüfen, erklärt Stephan Noller, der die beteiligte Firma Ubirch leitet. Daneben arbeiten weitere Firmen wie Lufthansa Industry Solutions, die Uniklinik und das Gesundheitsamt der Stadt Köln sowie die Bundesdruckerei am Immunitätspass fürs Smartphone.