Pandemie:"Ganz Deutschland ist doch momentan ein Hotspot"

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Masken weg? Die meisten Corona-Beschränkungen sollen wegfallen - das gefällt nicht allen. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

In einer Woche sollen fast alle bundesweiten Corona-Maßnahmen auslaufen, trotz sehr hoher Neuinfektionszahlen. Nun mehren sich die kritischen Stimmen.

Von Angelika Slavik, Berlin

Kurz vor dem Auslaufen der meisten Corona-Maßnahmen am kommenden Samstag mehren sich Stimmen, die diese geplanten Lockerungen kritisieren. So sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Deutschland sei neuen Virusvarianten "schutzlos ausgesetzt". Das Infektionsschutzgesetz, das die Ampelparteien in dieser Woche im Bundestag beschließen wollen, habe große Schwächen, so Söder zur Bild am Sonntag: Das Ende der Maskenpflicht komme verfrüht und könne gerade in Schulen zur schnellen Durchseuchung führen. "Wenn es nach dem Willen der Ampel geht, ist Corona ab nächster Woche Geschichte", so Söder. "Aber das ist doch nicht die Realität."

Nach den Plänen der Regierung sollen am 20. März fast alle bundesweiten Corona-Beschränkungen wegfallen, auch die Maskenpflicht in Innenräumen. Die Länder haben aber die Möglichkeit, weiterhin eine Maskenpflicht für besonders sensible Bereiche anzuordnen, etwa für Klinken oder Pflegeheime. Auch Testverpflichtungen für Schulen sind weiterhin möglich. Eine Maskenpflicht darüber hinaus ist, ebenso wie andere bisher bekannte Instrumente zur Pandemiebekämpfung - also Hygienekonzepte, Zutrittsbeschränkungen und Abstandsgebote -, künftig aber nur noch in Regionen mit besonders angespannter Corona-Situation möglich. In diesen sogenannten "Hotspots" können schärfere Regeln eingeführt werden. Die Entscheidung, ob ein Landkreis, eine Stadt oder ein ganzes Bundesland als Hotspot eingestuft wird, liegt bei den Landesparlamenten, so sieht es der Gesetzesentwurf vor. Allgemein gültige Kriterien, die über den Hotspot-Status entscheiden, sind im Gesetz nicht definiert. Bundesweit bleiben soll die Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen.

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Die Lockerungen würden in einer Phase schnell steigender Neuinfektionszahlen in Kraft treten: So meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) am Sonntag eine Inzidenz von 1526,8. Binnen 24 Stunden wurden 146 607 Neuinfektionen gezählt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte noch am Freitag die Lockerungspläne. Angesichts der Lage appellierte er am Sonntag aber an bisher ungeimpfte Menschen, sich dringend impfen zu lassen: Geimpfte seien nun oft unvorsichtig, weil sie wüssten, dass sie im Fall einer Infektion meist nicht schwer erkrankten, schrieb Lauterbach bei Twitter. Ungeimpfte seien jetzt schutzlos.

Lockerungen trotz schnell steigender Infektionszahlen

Kritik am geplanten Ende der Maßnahmen kam auch von Ärztevertretern. Der Präsident der Vereinigung der Intensivmediziner (Divi), Gernot Marx, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, das Tragen von Masken sei "eine erprobte und einfache Schutzmaßnahme. Es wäre ein Fehler, dieses Mittel ohne Not aus der Hand zu geben". Die Maskenpflicht in Innenräumen solle beibehalten werden. Ähnlich äußerte sich Elke Bruns-Philipps, Vizevorsitzende des Verbands der Amtsärzte. Martina Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsens, sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, die Öffnungspläne müssten angesichts der hohen Inzidenzen verschoben werden: "Ganz Deutschland ist doch momentan ein Hotspot."

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mahnte, der Schutz vor Ansteckung mit dem Coronavirus dürfe keinesfalls zur Privatsache der Beschäftigten werden. Nach einem Verordnungsentwurf des Bundesarbeitsministeriums sollen künftig die Arbeitgeber die Gefährdung durch das Virus einschätzen und ein betriebliches Hygienekonzept festlegen, das den Einsatz von Tests, Masken und Home-Office regelt.

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