Coronavirus in Deutschland:RKI: Private Feiern tragen viel zur Verbreitung des Virus bei

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Die Corona-Infektionszahlen sind so hoch wie zuletzt im April. Kommunen und Landkreise sind daher für mehr Einschränkungen - gerade bei Privat-Partys. SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach fordert kostenlose Grippeschutz-Impfungen.

Kurz vor dem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Länder-Regierungschefs zur Corona-Krise am Dienstag fordern die Kommunen neue bundesweite Beschränkungen im öffentlichen Leben. Angesichts steigender Corona-Zahlen setzte sich der Landkreistag am Wochenende für eine einheitliche Obergrenze von 50 Personen bei Privatfeiern ein. Und der Städte- und Gemeindebund verlangt bei hohen Infektionszahlen eine Ausweitung der Maskenpflicht auf belebte Plätze und zum Beispiel Weihnachtsmärkte.

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Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hat den Eindruck bestätigt, dass viele der neuen Corona-Infektionen in Deutschland auf private Zusammenkünfte zurückzuführen sind. "Die Menschen stecken sich derzeit hauptsächlich im privaten Umfeld an, also auf Partys, Hochzeitsfeiern, Beerdigungen, auch im Gottesdienst", sagte er der Welt am Sonntag. Der private Bereich spiele "die große Rolle". Dagegen sei das Risiko einer Ansteckung in Betrieben bisher nicht so hoch, sagte Wieler. Auch in Geschäften gebe es bislang ganz wenige Ansteckungen, sagte der RKI-Chef. An Schulen gebe es mittlerweile einige Ausbrüche. Dies müsse gut analysiert werden. Am Dienstag will Merkel mit den Ministerpräsidenten über Folgerungen aus der aktuell hohen Infektionszahlen beraten.

Lauterbach fordert kostenlose Grippeschutz-Impfung

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert wegen der Corona-Pandemie in diesem Herbst und Winter kostenlose Grippeschutz-Impfungen für bundesweit alle Versicherten. Der Bundestagsabgeordnete sprach in der Welt am Sonntag von einer "sehr sinnvollen Maßnahme mit geringen Kosten". Wegen der Pandemie raten Ärzte in diesem Jahr besonders zur Impfung gegen Grippe. Allerdings übernehmen viele Anbieter die Kosten nur für Patienten, die zu einer Risikogruppe zählen.

Dass der Impfstoff knapp werden könnte, fürchten Gesundheitsexperten im Bundestag eher nicht. "Auch dieses Jahr wird der Impfstoff reichen - wir können es uns leisten, diesen allen Versicherten kostenfrei zur Verfügung zu stellen", sagte Lauterbach. Ähnlich äußerte sich die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kordula Schulz-Asche: "Wir müssen mit einer präventiven Strategie in die kalte Jahreszeit gehen, um steigende Grippe- und Covid-19-Infektionen zu verhindern."

Am Sonntag 1411 Corona-Neuinfektionen in Deutschland registriert

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat am Sonntag erwartungsgemäß eine vergleichsweise niedrige Zahl an neuen Corona-Infektionen gemeldet. Die Gesundheitsämter hatten binnen eines Tages 1411 Fälle übermittelt, wie das RKI am Morgen bekanntgab. An Sonntagen wie auch an Montagen sind die gemeldeten Fallzahlen erfahrungsgemäß meist niedriger, auch weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten an das RKI melden. Am Samstag war mit 2507 neuen Corona-Infektionen ein deutlich höherer Wert erreicht worden.

2507 Corona-Neuinfektionen - höchster Wert seit Ende April

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland hat am Samstag den höchsten Wert seit April erreicht. Innerhalb eines Tages meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland 2507 neue Corona-Infektionen, wie das Robert Koch-Institut (RKI) bekanntgab. Am Freitag hatte die Zahl der neu gemeldeten Corona-Fälle bei 2153 gelegen.

Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben vom Samstagmorgen mindestens 282 730 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Datenstand 26.9., 0.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion liegt nach RKI-Angaben bei 9452. Das sind neun mehr als am Vortag. Etwa 249 700 Menschen haben die Infektion nach RKI-Schätzungen überstanden.

Der Höhepunkt bei den täglich gemeldeten Neuansteckungen hatte Ende März/Anfang April bei mehr als 6000 gelegen. Die Zahl war dann in der Tendenz gesunken und im Juli wieder gestiegen. Im August lag die Zahl der Fälle einmal bei knapp über 2000 (2034). Die Zahl der erkannten Neuinfektionen ist auch davon abhängig, wie viele Menschen getestet werden.

Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag nach RKI-Schätzungen in Deutschland laut Lagebericht vom Freitag bei 0,91 (Vortag: 0,78). Das bedeutet, dass ein Infizierter im Mittel etwas weniger als einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. Zudem gibt das RKI einen Sieben-Tage-R-Wert an, der weniger tagesaktuellen Schwankungen unterliegt. Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen und lag zuletzt bei 1,01 (Vortag: 0,97). Demnach steckt ein Infizierter im Mittel ungefähr einen weiteren Menschen an.

Deutsche Ärzte verschrieben vermehrt umstrittenes Medikament

Der Malaria-Wirkstoff Hydroxychloroquin, für den vor allem US-Präsident Donald Trump und Brasiliens Staatsoberhaupt Jair Bolsonaro im Kampf gegen Covid-19-Erkrankungen warben, hat einem Bericht des Spiegel zufolge zumindest zeitweise auch in Deutschland viele Anhänger gefunden. Das Magazin bezieht sich auf eine vorläufige Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, die Verschreibungen durch niedergelassene Ärzte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen umfasst.

Derzufolge waren im Februar etwa 704 000 Tagesdosen Hydroxychloroquin abgegeben worden, im März dann schon fast 1,06 Millionen. Damit sei das Medikament fast 10 000 Patienten mehr verschrieben worden als im Monat zuvor. Im April und Mai seien diese Zahlen zwar wieder gesunken, blieben aber auf einem höheren Niveau als im Vorjahr. Im Juni lagen die Werte dann wieder unter dem Durchschnitt des Vorjahres.

Hydroxychloroquin ist für die Therapie von verschiedenen Erkrankungen des rheumatoiden Formenkreises sowie zur Prophylaxe und Behandlung von Malaria zugelassen. Seine Wirksamkeit gegen Covid-19 war im Frühjahr 2020 kontrovers diskutiert worden. In den USA gab es Ende März eine Notfallzulassung für die Behandlung von Covid-19, in Europa wurde es für die Indikation gegen Covid-19 nie zugelassen.

Spahn gegen bundesweite Maskenpflicht

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich gegen eine bundesweite Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen ausgesprochen. "Aus meiner Sicht macht es Sinn, dass das tatsächlich lokal, regional, nach dem Infektionsgeschehen auch passiert", sagte der CDU-Politiker am Donnerstagabend in den ARD-"Tagesthemen". Es komme immer darauf an, was die Quelle für erhöhte Infektionszahlen sei.

"Wir haben ja gewusst, dass mit den Lockerungen, die es gegeben hat über die letzten Wochen und Monate, es auch wieder zu steigenden Infektionszahlen kommen kann", so Spahn. "Wichtig ist, wir sehen ja jetzt vor allem, wo sie passieren. Sie passieren nicht im Einzelhandel, nicht vor allem in Kitas und Schulen, sondern eben vor allem beim Feiern." Deswegen sei es richtig, dass die Städte und Regionen, wo die Infektionszahlen besonders stark gestiegen seien, lokal Maßnahmen ergriffen hätten.

Laschet: "Nicht nur auf die reinen Infektionszahlen schauen"

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hat sich für eine neue Art der Risikobewertung in der Corona-Pandemie ausgesprochen. "Mit Corona leben lernen bedeutet in erster Linie, alle Entwicklungen genau im Blick zu haben. Dabei dürfen wir nicht nur auf die reinen Infektionszahlen schauen", sagte der CDU-Politiker dem Handelsblatt (Freitag).

Laschet forderte, die Kapazität der Krankenhäuser und die Zahl der intensivmedizinisch behandelten und beatmeten Covid-19-Patienten stärker in die Lagebewertung einfließen zu lassen. Gleiches gelte für den Anteil zurückverfolgbarer Infektionen, die Anzahl der Tests und den Anteil positiver Testergebnisse. "Wir brauchen für ganz Deutschland ein standardisiertes Corona-Monitoring, das die Pandemieentwicklung kommunenscharf abbildet", sagte Laschet.

Ärztevertreter halten Corona-Warn-App für wenig wirksam

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie in Deutschland schätzen Ärztevertreter die Wirksamkeit der Warn-App als äußerst gering ein. "Da die Daten der App nicht automatisch an die Gesundheitsämter weitergeleitet werden, ist dieses Instrument in seiner derzeitigen Form für uns keine große Unterstützung bei der schnellen Bekämpfung und Eindämmung von Corona-Ausbrüchen", sagte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die App spiele "in der alltäglichen Arbeit der deutschen Gesundheitsämter so gut wie keine Rolle".

Es komme "äußerst selten vor, dass sich ein App-Nutzer wegen eines entsprechenden Warnhinweises bei uns meldet", sagte Teichert. Die Politik habe entschieden, "den Datenschutz über den Pandemieschutz zu stellen". Dies müsse man so akzeptieren.

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hatte die App am Mittwoch 100 Tage nach ihrem Start als "große Erfolgsgeschichte" bezeichnet. Mit etwa 18 Millionen Downloads sei sie öfter heruntergeladen worden als alle anderen Corona-Apps in Europa. Laut Gesundheitsminister Jens Spahn haben fast 5000 Nutzer eigene Kontakte damit gewarnt.

Aus Teicherts Sicht wäre es hilfreich, wenn die App eine Funktion hätte, mit der die Nutzer eine direkte Weitergabe von Warnhinweisen an das Gesundheitsamt zumindest freiwillig zulassen könnten. Damit würden die zuständigen Behörden "wesentlich schneller über Infektionsfälle informiert und könnten zügig Maßnahmen ergreifen, um einen Corona-Ausbruch einzudämmen. Dies ist ein entscheidender Punkt", sagte Teichert. Derzeit bleibe es dagegen den App-Nutzern überlassen, ob sie sich nach einem registrierten Kontakt mit einem Infizierten bei den Gesundheitsämtern meldeten. "Ob sie es tatsächlich tun, lässt sich nicht überprüfen", sagte Teichert.

Bundesregierung erklärt Regionen in elf EU-Ländern zu Risikogebieten

Die Bundesregierung hat Regionen in elf Ländern der Europäischen Union wegen steigender Infektionszahlen zu Corona-Risikogebieten erklärt. Darunter sind auch Gebiete in den Nachbarländern Dänemark, Tschechien, Frankreich, Österreich und den Niederlanden. Das geht aus der am Mittwochabend aktualisierten Liste des Robert-Koch-Instituts hervor. Insgesamt sind damit nun schon 14 von 27 EU-Mitgliedstaaten wieder ganz oder teilweise als Corona-Risikogebiete ausgewiesen.

Neu hinzugekommen sind am Mittwoch Regionen in Dänemark, Portugal, Irland und Slowenien. Zudem wurden weitere Regionen in Frankreich, Tschechien, den Niederlanden, Kroatien, Rumänien, Österreich und Ungarn als Risikogebiete ausgewiesen. Das Auswärtige Amt sprach am Mittwochabend für alle diese Gebiete auch eine Reisewarnung aus.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass das Auswärtige Amt Reisewarnungen für die portugiesische Hauptstadt Lissabon sowie die französischen Regionen Centre-Val de Loire, Normandie und Bretagne ausgesprochen hat. Außerdem werde vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in die irische Hauptstadt Dublin und nach Tschechien mit Ausnahme der Aussiger Region (Ústí nad Labem) und der Mährisch-Schlesischen Region gewarnt.

Reisende, die aus Risikogebieten zurückkehren, müssen sich 48 Stunden vor oder nach der Einreise auf Corona testen lassen. Die Reisewarnung ist kein Verbot, soll aber eine erhebliche abschreckende Wirkung haben. Allerdings hat sie auch eine positive Seite für Verbraucher: Sie ermöglicht es Reisenden, Buchungen kostenfrei zu stornieren.

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