Süddeutsche Zeitung

Kauf von Corona-Impfstoff:Merkel: "Im Großen und Ganzen nichts schiefgelaufen"

Die Kanzlerin verteidigt die Strategie, im europäischen Verbund zu bestellen und nicht auf Notfallzulassungen zu setzen. Sie kann sich zudem den Einsatz des russischen Impfstoffs Sputnik V vorstellen.

Von Nico Fried, Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht trotz massiver öffentlicher Kritik keine gravierenden Fehler bei der Beschaffung von Impfstoff gegen das Coronavirus. "Ich glaube, dass im Großen und Ganzen nichts schiefgelaufen ist", sagte Merkel am Dienstagabend in der ARD-Sendung "Farbe bekennen". Auch dass man im europäischen Verbund bestellt habe, sei "allemal richtig" gewesen. Dass andere Staaten wie die USA, Israel und Großbritannien schneller seien, "das wurmt einen natürlich", räumte die Kanzlerin ein. Im Falle Großbritanniens hätte allerdings der Impfstoff des Herstellers Astrazeneca binnen eines Tages eine Notfallzulassung erhalten. "Wir haben uns entschieden, dass wir das gründlich bei der Europäischen Medizinagentur machen wollen", sagte Merkel. "Das war kein Fehler, wir sind auf das Vertrauen angewiesen." Deshalb sei sie dafür, die Zulassung "mit der notwendigen Gründlichkeit" zu machen.

Merkel wies auch den Vorwurf zurück, dass mit dem Einsatz von mehr Geld auch mehr Impfstoff zu erhalten gewesen wäre. Diese Frage habe man den Herstellern gestellt, sagte Merkel mit Blick auf den sogenannten Impfgipfel am Montag, "und die Antwort war: Nein." Als einen Grund nannte sie, dass die USA, wo auch der mit der deutschen Entwicklerfirma Biontech verbündete Pharmakonzern Pfizer seinen Sitz hat, zwar über große Produktionskapazitäten verfügten, aber "so gut wie nichts" exportierten. "Das heißt, wir als Europäer sind auf unsere Produktionsanlagen zurückgeworfen." Da sei man nun dabei, im hessischen Marburg schnell ein zusätzliches Werk herzurichten.

Merkel zeigte sich grundsätzlich offen dafür, in Deutschland auch den russischen Impfstoff Sputnik V einzusetzen. "Wir haben immer gesagt, jeder der eine Zulassung bei der Europäischen Medizinagentur erhält, ist uns herzlich willkommen." Sie habe darüber auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gesprochen. Neue Forschungsergebnisse zeigten "gute Daten" für den russischen Impfstoff. Eine Zulassung der EMA sei aber unerlässlich.

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