Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Chinesische Lähmung

Chinas Präsident Xi gibt sich als Krisenmanager der ersten Stunde. Er will früh ins Geschehen eingegriffen haben. Dabei wird gerade jetzt deutlich, wie wenig sich seit der Sars-Krise 2003 verändert hat. Der Fehler liegt auch weiterhin im System.

Von Lea Deuber

Unaufhaltsam breitet sich das Coronavirus in China aus. Bisher hat die Zentralregierung in Peking die Schuld für die verspätete Reaktion auf lokale Verantwortliche geschoben. Nun aber legt ein Dokument nahe, dass Staatspräsident Xi Jinping persönlich schon Anfang Januar erste Maßnahmen angeordnet hat. Xi sieht nun offenbar die Chance, sich als Krisenmanager der ersten Stunde zu inszenieren.

Man sollte sich von ihm aber nicht täuschen lassen. Gerade jetzt wird deutlich, wie wenig sich seit der Sars-Krise 2003 verändert hat. Der Fehler liegt weiterhin im System. Nach dem Ausbruch des Coronavirus hat Xis Regierung wochenlang gar nichts unternommen. Dann hat es die Ansteckungsgefahr heruntergespielt und die Zahl der Neuinfizierten verheimlicht. Bis heute zensiert sie, verhaftet Kritiker, bedrängt ausländische Beobachter. Bald wird es politische Schauprozesse geben. China will ein Land des Fortschritts sein, und tatsächlich haben Ärzte, Journalisten und Freiwillige Großes geleistet in der Krise. Doch unter dem jetzigen Regime ist die Gesellschaft zum Stillstand verdammt.

Für das Ausland ist es eine ähnlich schmerzhafte Lehrstunde. Peking ging es nie um Austausch, sondern immer nur um Schadensbegrenzung. Es hat maximale Transparenz versprochen. Gehalten hat es das nicht.

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Quelle:
SZ vom 17.02.2020
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