Süddeutsche Zeitung

Anti-Corona-Maßnahmen:Ministerpräsidenten warnen vor zu frühen Lockerungen

  • Mehrere Ministerpräsidenten schließen sich der Warnung von Kanzlerin Merkel an, Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen zu früh herbeizuführen.
  • Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer sagte der SZ, für sie stehe "der Schutz der Bevölkerung an erster Stelle". Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann warnte vor den Folgen eines zweiten Shutdowns.
  • Zuvor hatte sich Nordrhein-Westfalens Landeschef Armin Laschet für Lockerungen nach Ostern ausgesprochen.

Von SZ-Autoren

Mehrere Ministerpräsidenten haben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darin unterstützt, Erwartungen an eine baldige Lockerung des öffentlichen Lebens zu dämpfen. Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) sagte der Süddeutschen Zeitung, für sie stehe "der Schutz der Bevölkerung an erster Stelle".

Ihre Regierung bereite mit Experten aus Gesundheit, Wirtschaft und Bildung zwar Szenarien für eine allmähliche Rückkehr in normale Verhältnisse vor. Dabei spielten Vorbeugung und der Schutz von gefährdeten Gruppen eine große Rolle. Klar sei aber auch: "Denkbare Lockerungen können nur mit einer großen Hygiene-Offensive einhergehen. Wir alle müssen uns darauf einstellen: Unser Alltag wird noch lange von Abstandsregeln und hohen Hygienestandards bestimmt werden."

Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht die Gefahr, mit einer zu schnellen Lockerung eine zweite Welle der Pandemie zu riskieren, die erneute Einschnitte erzwingen könnte. "Ein zweiter Shutdown wäre wirtschaftlich und auch gesellschaftlich schwer zu verkraften", sagte Kretschmann der SZ. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), derzeit Präsident des Bundesrates, sagte: "Erst wenn sich die Situation deutlich und nachhaltig verbessert, werden wir die Schublade mit den sukzessiven Ausstiegsplänen ziehen. Sicher ist: Wir werden nicht von null auf hundert schalten."

NRW-Ministerpräsident Laschet plädiert für "behutsame" Lockerungen nach Ostern

Etwas offensiver hatte nur der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dafür plädiert, das öffentliche Leben nach Ostern in eine "verantwortbare Normalität" zurückzuführen. Dies werde "behutsam" und "nicht mit einem Schlag" gehen, sagte er. "Aber dass wir nach Ostern diesen Versuch wagen sollten, davon bin ich überzeugt."

Laschet stützte seine Einschätzung auf eine Studie aus dem besonders stark betroffenen nordrhein-westfälischen Landkreis Heinsberg, die allerdings von anderen führenden Wissenschaftlern als methodisch fragwürdig kritisiert wurde. Merkel hatte am Donnerstag die Lage in Deutschland als "fragil" bezeichnet. Die jüngste Entwicklung gebe zwar "Anlass zu vorsichtiger Hoffnung". Zugleich warnte sie aber: "Wir dürfen jetzt nicht leichtsinnig sein, wir dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen." Mit Blick auf etwaige Lockerungen sagte Merkel, man müsse "ganz, ganz vorsichtig vorgehen - wenn, dann in kleinen Schritten, und immer wieder die Folgen beobachten".

Bald könnten Schulen schrittweise geöffnet werden

Anfang kommender Woche wollen Wissenschaftler der Nationalakademie Leopoldina eine Studie mit Empfehlungen für das weitere Vorgehen präsentieren. Für sie sei das "eine sehr wichtige Studie", sagte Merkel. In den Empfehlungen werde es voraussichtlich auch um eine schrittweise Öffnung der Schulen gehen, berichtete der Spiegel. Demnach könnten in den nächsten Wochen die ersten Schüler wieder den Unterricht besuchen - allerdings zunächst die älteren unter ihnen, weil man ihnen zutraue, mit Schutzmasken umzugehen und Abstand zu halten.

Merkel deutete an, dass es regionale Unterschiede bei den Lockerungen gelten könnten. "Bei manchen Dingen wird man vielleicht auch lokal unterschiedlich vorgehen, weil die Infektionslage natürlich sehr unterschiedlich ist", sagte die Kanzlerin. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte, es solle "so viel gemeinsam geschehen wie möglich". Er räumte jedoch ein, dass es große Unterschiede in der Verbreitung der Pandemie gebe. Dem müsse auch das gemeinsame Konzept in Deutschland gerecht werden.

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SZ vom 11.04.2020/thba
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