Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Landtagswahl in Thüringen muss warten

Wegen der Corona-Pandemie haben sich Linke, SPD, Grüne und CDU auf eine Verschiebung geeinigt. Die Corona-Lage ist in dem Bundesland besonders ernst.

Von Ulrike Nimz, Leipzig

Die ursprünglich für den 25. April geplante Neuwahl des Thüringer Landtages soll verschoben werden. Die Spitzen von Linke, SPD, Grünen und CDU verständigten sich nach mehrstündigen Verhandlungen darauf, den Parteigremien den 26. September als möglichen neuen Termin vorzuschlagen. An diesem Tag wird auch der Bundestag gewählt.

"Für uns ist das der frühestmögliche Termin, den wir aufgrund der pandemischen Lage verantworten können", sagte Susanne Hennig-Wellsow, Fraktionsvorsitzende der Linken. Man hoffe, bis dahin genügend Menschen geimpft zu haben. Die Grundprinzipien des so genannten "Stabilitätspaktes" zwischen rot-rot-grüner Minderheitsregierung und oppositioneller CDU bestünden fort, so Hennig-Wellsow. Über die detaillierte Ausgestaltung der Vereinbarung wollen die vier Parteien bis Ende Januar beraten.

Die Kooperation wurde ausgehandelt, nachdem der FDP-Mann Thomas Kemmerich mit Stimmen von AfD und Christdemokraten zum Kurzzeitministerpräsidenten gewählt worden war. Sie fußt auf drei Vorsätzen: AfD und FDP aus Entscheidungsprozessen heraushalten, den Haushalt auf den Weg bringen, und eben die Auflösung des Landtages - diese ist Voraussetzung für vorgezogene Wahlen.

Die Suche nach Mehrheiten könnte schwierig werden

Für einen Termin im April hätte sich das Parlament bereits im Februar auflösen müssen, mitten in der Pandemie. Das Virus wütet in Thüringen heftiger als anderswo. Der Freistaat verzeichnet derzeit im Bundesländervergleich die meisten Corona-Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Zwischenzeitlich waren eine reine Briefwahl und entsprechende Änderungen im Wahlgesetz erwogen worden.

Georg Maier, Landesvorsitzender und designierter Spitzenkandidat der SPD, sprach von einem "Gebot der Vernunft". Die Sozialdemokraten hatten ursprünglich einen früheren Wahltermin favorisiert. Mario Voigt, Fraktionsvorsitzender und Spitzenkandidat der CDU, sagte, seine Partei sei dem Wunsch der rot-rot-grünen Landesregierung nachgekommen. "Das Virus kennt keine parteipolitischen Interessen, für uns zählt nur der Schutz der Bevölkerung."

Unabhängig vom neuen Termin könnte sich die Suche nach politischen Mehrheiten in Thüringen ähnlich vertrackt gestalten wie nach der Landtagswahl im Oktober 2019. Damals gewann Bodo Ramelows Linke zwar mit deutlichem Abstand. Für eine Fortsetzung des rot-rot-grünen Bündnisses reichte es dennoch nicht. Die Verschiebung der Wahl hat daher auch eine taktische Dimension. Den zuletzt schwachen Grünen etwa käme der gemeinsame Termin mit der Bundestagswahl gelegen, weil sie hoffen könnten, vom Trend der Bundespartei zu profitieren. CDU und Linke wiederum könnten sich in etwaigen Verhandlungen nach der Wahl im Herbst wohl entspannter annähern als vorher.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5175154
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/skle
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.