Süddeutsche Zeitung

Pandemie:Testpflicht wohl von Sonntag an

Wer von einer Reise zurück nach Deutschland kommt, braucht dann einen aktuellen Corona-Test. Experten rechnen mit stark steigenden Infektionszahlen in Europa.

Von Nico Fried, Berlin

Urlauber und Geschäftsreisende können voraussichtlich schon von Sonntag an nur noch mit einem gültigen aktuellen Corona-Test nach Deutschland einreisen - egal, ob sie mit dem Flugzeug, per Bahn, mit dem Auto oder zu Fuß über die Grenze kommen. Geimpfte und von Corona Genesene sind von der Regelung ausgenommen, müssen aber einen Nachweis vorlegen können. Für Berufspendler soll es Ausnahmen geben. Am Donnerstagnachmittag zeichnete sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung innerhalb der Bundesregierung eine Einigung ab, die verschärfte Testpflicht - trotz weiterhin bestehender formaler Bedenken des Bundesjustizministeriums - als Verordnung auf den Weg zu bringen. Damit würde eine weitere Verzögerung vermieden, weil der Bundestag nicht mit der Neuregelung befasst werden muss.

Die verschärfte Testpflicht bedeutet nicht, dass alle Einreisenden an der Grenze kontrolliert werden. Das wäre organisatorisch wie personell von der Bundespolizei nicht zu bewerkstelligen und würde zudem den Reiseverkehr massiv behindern. Jeder Reisende ab zwölf Jahren müsse aber in der Lage sein, "einen entsprechenden Nachweis" zu präsentieren, heißt es im Entwurf der Verordnung.

Mehrere Ministerpräsidenten hatten in den vergangenen Tagen mit Blick auf den Reiseverkehr während der Sommerferien auf eine schnelle Einführung der Testpflicht gedrungen, die in der Bundesregierung schon seit mehr als einer Woche diskutiert wird. Das Justizministerium hat in der Sache keine Bedenken, plädierte aber bis zuletzt für eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes per Parlamentsbeschluss, um die Verordnung rechtlich abzusichern. Justizministerin Christine Lambrecht befürchtet offenkundig, dass die Testpflicht von Gerichten anderenfalls alsbald gekippt werden könnte.

Für eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes wäre eine Sondersitzung des Bundestages notwendig, der sich in der Sommerpause befindet. Solche Sitzungen werden nur selten einberufen, weil sie aufwendig und teuer sind. Allerdings gilt es als wahrscheinlich, dass das Parlament sowieso demnächst zusammentritt, um notwendige Regelungen zur Hilfe nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zu beschließen.

Ziel der Verordnung ist es laut Entwurf, "das Infektionsrisiko durch eingetragene Infektionen zu verringern". Insbesondere solle die Bevölkerung in Deutschland "vor dem unkontrollierten Eintrag neuer Virusvarianten mit ernstzunehmenden Veränderungen in den Viruseigenschaften geschützt werden". Gemeint sind damit derzeit vor allem die Beta- und die Gamma-Variante, die in Deutschland noch kaum verbreitet sind.

Zwar sei die Inzidenz in Deutschland derzeit im Vergleich zu anderen Staaten niedrig, heißt es in dem Entwurf. Durch erhöhte Reiseaktivitäten drohe sich dieser Trend aber umzukehren. Das Gesundheitsministerium von Jens Spahn, das die Verordnung erarbeitet hat, beruft sich auf das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, das durch die Ausbreitung der Delta-Variante von "stark steigenden Neuinfektionszahlen in Europa" ausgehe. Auch das Robert-Koch-Institut stelle "eine zunehmende Rolle reiseassoziierter Fälle am derzeitigen Infektionsgeschehen" fest.

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