Süddeutsche Zeitung

Ostafrika:Der Präsident, der über Corona lacht, ist nun wohl krank

Tansanias Staatsoberhaupt John Magufuli hat sich lange über Corona lustig gemacht. Nun soll er selbst schwer erkrankt und außer Landes gebracht worden sein.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Die einen vermuten ihn in Nairobi, die anderen auf dem Weg nach Indien. Oder vielleicht Südafrika. Sicher ist nur, dass Tansanias Präsident John Magufuli seit dem 27. Februar nicht mehr öffentlich gesehen wurde. Am Mittwoch sollte der 61-Jährige bei einer Militärparade in der Hauptstadt zugegen sein, fehlte aber unentschuldigt. Die angesehene kenianische Tageszeitung Daily Nation berichtete, dass ein "afrikanischer Führer" mit schweren Corona-Symptomen in ein Krankenhaus der Hauptstadt Nairobi eingeliefert wurde, der im weiteren Text ziemlich einwandfrei als Magufuli identifiziert werden konnte.

Der Verlag der Nation betreibt auch im repressiven Tansania eine Zeitung, vielleicht ein Grund, warum man den Namen lieber nicht nannte. Auch die Nachrichtenagentur AP will aus guter Quelle erfahren haben, dass Magufuli schwer an Corona erkrankt sei. Der tansanische Oppositionsführer Tundu Lissu will erfahren haben, dass der Präsident mittlerweile auf dem Weg nach Indien ist, da sich sein Krankheitszustand verschlechtert habe. Magufuli habe "sich immer wieder über etablierte medizinische Kenntnisse lustig gemacht und auf Gebete und Heilkräuter mit unbewiesener Wirkkraft gesetzt", so Lissu. Die Regierung äußerte sich bisher nicht zum Aufenthaltsort des Präsidenten.

Die letzten Corona-Zahlen Tansanias stammen vom Mai

Tansania ist das einzige Land der Welt, das keine Daten mehr über Infektionszahlen erhebt, obwohl es von der WHO immer wieder dazu aufgefordert wird. Die letzten Zahlen stammen vom Mai, danach erklärte Magufuli Corona für besiegt. Mal nannte er es eine Erfindung des Westens, mal behauptete er, ein Labor hätte auch eine Ziege und eine Mango positiv auf Corona getestet. Bis heute weigert sich Tansania, Impfstoffe bei der Covax-Initiative zu bestellen, die ärmeren Ländern kostenlose Kontingente zur Verfügung stellt. Das Land kennt so gut wie keine Einschränkungen des öffentlichen Lebens, Maskenpflicht gibt es bis heute nicht. Das hat zwar auch dazu geführt, dass Tansania wirtschaftlich nicht ganz so hart von der Pandemie getroffen wurde und der Tourismus weitergeht.

Diplomaten und Ärzte hatten in den vergangenen Wochen aber über stark ansteigende Fallzahlen in Tansania berichtet, auf der Insel Sansibar haben sich zahlreiche europäische Touristen infiziert, der Vize-Präsident der teilautonomen Region verstarb im Februar an den Folgen von Corona. Nachdem auch ein enger Mitarbeiter von Magufuli eine Infektion nicht überlebte, sprach der Präsident zumindest davon, dass Maskentragen sinnvoll sei, aber nur, wenn der Mundschutz aus heimischer Produktion stamme.

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