Corona-Sommerwelle:Robert-Koch-Institut mahnt zur verstärkten Vorsicht

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Corona-Test in Oldenburg: Wer sich infiziert hat, muss sich derzeit noch fünf Tage lang häuslich isolieren. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

In mehreren Landkreisen vor allem im Nordwesten liegt die Inzidenz wieder über 1000. Die Ständige Impfkommission will ihre Empfehlung für eine vierte Impfung vorerst nicht ausweiten. Derweil regt der Städtetagspräsident eine Rückkehr zur Maskenpflicht an.

Menschen in Deutschland sollten laut Robert-Koch-Institut (RKI) wieder verstärkt die Empfehlungen zum Vermeiden von Ansteckungen einhalten. Hintergrund seien wieder steigende Inzidenzen und eine prognostizierte Zunahme durch die stärkere Verbreitung von Omikron-Sublinien, heißt es im Covid-19-Wochenbericht des RKI von Donnerstagabend.

Darin werden auch veränderte Entwicklungen in Krankenhäusern genannt. So sei die Belastung der Kapazitäten in der Gesundheitsversorgung, insbesondere im stationären und intensivmedizinischen Bereich, vergangene Woche kaum noch zurückgegangen, halten die Autoren fest. "Auf Basis der erhöhten Inzidenzen wird aktuell ein Anstieg der Belegung prognostiziert." Die Zahl der Covid-19-Fälle auf Intensivstationen sei "im Vergleich zu den Vorwochen wieder gestiegen". Laut Divi-Intensivregister waren es am Donnerstag 681. Diesen Monat war die Zahl zeitweise schon auf rund 610 gesunken.

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Die Corona-Zahlen steigen deutlich, am Donnerstag liegt die Inzidenz in Deutschland bei 480. Gesundheitsminister Lauterbach hält sogar Werte über 1000 für denkbar. In der Politik beginnt derweil die Debatte über Gegenmaßnahmen.

Die seit einigen Wochen anteilig zunehmenden Omikron-Sublinien sind nach RKI-Einschätzung derzeit bereits dominierend in Deutschland. "Das starke Wachstum von BA.4 und insbesondere BA.5, aber auch BA.2.12.1, lässt darauf schließen, dass diese Varianten aktuell bereits die Mehrzahl der Nachweise ausmachen", heißt es im Bericht. Das RKI stützt sich dabei auf Auswertungen zu Virusvarianten. Diese Daten im Bericht beziehen sich stets auf vorvergangene Woche: BA.5 machte damals demnach in einer Stichprobe rund 24 Prozent der positiven Proben aus, das entspricht erneut in etwa einer Verdopplung im Vergleich zum Vorwochenwert. BA.4 und BA.2.12.1 lagen beide bei rund vier Prozent.

Bei der Entwicklung der Sieben-Tage-Inzidenz spricht das RKI für vergangene Woche im Vergleich zur Vorwoche von einer deutlichen Zunahme um rund ein Drittel. Betroffen seien alle Altersgruppen. Auch seien wieder mehr Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen sowie in medizinischen Behandlungseinrichtungen erfasst worden. "Mit dem weiteren Anstieg der Infektionszahlen ist auch mit einem erneut verstärkten Infektionsdruck auf vulnerable Personengruppen zu rechnen."

Hotspots im Nordwesten Deutschlands

Eine RKI-Landkarte zur Entwicklung des Infektionsgeschehens weist vor allem im Nordwesten Deutschlands viele Landkreise mit erhöhten Fallzahlen aus. Die bundesweit höchste Inzidenz verzeichnete am Freitag etwa der Landkreis Oldenburg mit 1753, gefolgt vom Landkreis Emsland mit 1379. Neun Landkreise haben bereits wieder Inzidenzen jenseits der 1000er-Marke erreicht.

Insbesondere Risikogruppen und Menschen ab 70 Jahren rät das RKI, sich gemäß Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) eine zweite Auffrischimpfung geben zu lassen. Bisher hat in der Gruppe der Menschen ab 60 knapp jeder Fünfte einen zweiten Booster erhalten (19 Prozent). Bezogen auf die Gesamtbevölkerung haben 6,4 Prozent eine zweite Auffrischung, die erste haben knapp 60 Prozent.

Die Stiko will ihre Empfehlung für eine vierte Schutzimpfung derweil vorerst nicht ausweiten. "Wir wissen nichts über die Varianten, die im Spätsommer und Herbst auftreten können. Es fehlt also derzeit die Basis für eine solide, begründbare Empfehlung", sagt der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens der Rheinischen Post. Eine erneute Stellungnahme der Stiko zu einer möglichen generellen zweiten Booster-Impfung sei erst nach dem Sommer sinnvoll. Zuvor hatte unter anderem der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen eine Ausweitung der Impfempfehlung ins Gespräch gebracht.

"Wir brauchen schnelle Entscheidungen"

Unterdessen fordert Städtetagspräsident Markus Lewe schnellstmögliche Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Sommerwelle. "Wir brauchen schnelle Entscheidungen und ein neues Bundesinfektionsschutzgesetz noch vor der Sommerpause", sagte Lewe den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es zeige sich, dass die zur Verfügung stehenden Instrumente nicht ausreichten. Die Städte müssten handeln können, wenn Corona sich weiter sprunghaft ausbreite. "Die Corona-Pandemie darf uns nicht immer wieder überraschen."

Lewe, der Oberbürgermeister von Münster ist, forderte von Bund und Ländern, dass kostenlose Bürgertests verlängert werden und die kommunalen Impfzentren einsatzbereit bleiben. Zudem plädiere er, wenn nötig, für Maskenpflicht in Innenräumen, etwa im Einzelhandel. "Dasselbe gilt für 3-G- oder 2-G-Regeln, also den Zugang für Geimpfte, Genesene und möglicherweise auch Getestete. Hier muss das Gesetz angepasst werden."

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