Pandemie:Lauterbach verteidigt Corona-Regeln

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach während der Corona-Pandemie

Negativ: Karl Lauterbach beendete am Mittwoch seine Corona-Quarantäne und nahm am ersten Kabinettstreffen nach der Sommerpause teil.

(Foto: Sean Gallup/Getty)

Das neue Infektionsschutzgesetz provoziert Kritik und Verwirrung, der Gesundheitsminister versucht zu beruhigen: Nein, zu häufiges Impfen "wird nicht vorkommen". Ja, die Regeln seien kontrollierbar.

Von Michaela Schwinn

Soll sich nun jeder alle drei Monate impfen lassen? Und wie sollen die neuen Corona-Regeln kontrolliert werden? Es sind Fragen wie diese, die bei einigen Politikern und Medizinern Zweifel wecken, ob die Pläne für das neue Infektionsschutzgesetz in der Praxis überhaupt umsetzbar sind. Geht es nach Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP), sollen die Bundesländer von Oktober an wieder Maskenpflichten verhängen dürfen. Bundesweit soll weiterhin eine Maskenpflicht in Bus, Bahn und Flugzeug gelten, dazu kommt eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.

Kritisiert werden an dem geplanten Gesetz vor allem die Ausnahmen von der Maskenpflicht: Alle Menschen, deren Impfung nicht älter als drei Monate ist oder die kürzlich eine Corona-Infektion durchgemacht haben, sollen etwa bei Veranstaltungen oder im Restaurant von der Maskenpflicht befreit werden.

Vor allem Politiker der Union fordern Nachbesserungen - aber auch aus FDP und SPD kommt Kritik. Nach der Gesundheitsministerkonferenz am Dienstag hatten mehrere Bundesländer, darunter Bayern und Niedersachsen, Zweifel an der Durchführbarkeit des neuen Infektionsschutzgesetzes geäußert.

Auch der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, bezeichnete die Ausnahmen für Geimpfte als "völlig unpraktikabel". Dies gelte ebenso für die geplanten Zugangsregeln für Krankenhäuser: Das Gesetz sehe vor, dass alle Beschäftigten und Besucher einer Klinik nur mit einem aktuellen Test oder einem höchstens drei Monate alten Impfausweis und einer FFP2-Maske ein Krankenhaus betreten dürften. Den Kliniken werde damit ein "so nicht umsetzbarer, zusätzlicher Aufwand" aufgebürdet, sagte Gaß der Rheinischen Post.

Alle drei Monate impfen sei unsinnig, sagt Lauterbach

Gesundheitsminister Lauterbach - aktuell selbst mit Corona infiziert - verteidigte hingegen seine Pläne. In den ARD-Tagesthemen stellte er am Dienstag klar, dass die Ausnahmen von der Maskenpflicht nicht als Empfehlung zu verstehen seien, alle drei Monate eine Auffrischungsimpfung zu erhalten. Das sei abwegig und wäre auch "medizinisch unsinnig". Die Maske werde die Regel sein, sagte er. "Am Anfang werden ja die Allerwenigsten frisch geimpft sein." Man könne froh sein, wenn sich überhaupt genug Leute impfen ließen. Zu häufiges Impfen, "das wird nicht vorkommen", sagte er.

Kritisiert worden war auch, dass es schwer werde, die Ausnahmen zu kontrollieren. "Hier ist zum Beispiel vorgesehen, dass man sofort auf der Corona-Warn-App an der Farbe des Impfzertifikats erkennen kann, ob das eine frische Impfung ist oder nicht", sagte der Gesundheitsminister. Dadurch werde die Kontrolle einfacher als bei den 2G- oder 2G-plus-Regeln der Vergangenheit.

Mit Blick auf die erwarteten Impfstoffe gegen neue Virusvarianten sagte Lauterbach, er empfehle Älteren und Menschen mit Risikofaktoren, sich eher jetzt auffrischen zu lassen als zu warten. In dieser Gruppe gebe es "große Impflücken", und wenn Ende September, Anfang Oktober die neuen Impfstoffe kämen, dann sei das "einfach noch zu lange hin bei der hohen Inzidenz, die wir derzeit haben". Bei jüngeren Menschen könne es aber durchaus sinnvoll sein, "dass man noch etwas zuwartet".

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine vierte Corona-Impfung derzeit nur Menschen über 70 Jahren sowie einigen Risikogruppen. Führende EU-Behörden haben sich hingegen für eine zweite Auffrischungsimpfung aller über 60-Jährigen ausgesprochen. Für diese Gruppe erwartet Lauterbach nun eine klare Leitlinie von der Stiko: "Wir brauchen tatsächlich eine Ansage, wer soll sich impfen lassen und wer nicht. Die kann ja dann so aussehen, wie die Stiko es will."

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