Corona-Maßnahmen:Mehr Maske, kleinere Feste, weniger Alkohol

German Chancellor Angela Merkel and Bavarian federal Prime Minister Markus Soeder are seen in a video conferencing room in Berlin

Auf der Suche nach der gemeinsamen Linie - Kanzlerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei der Videokonferenz mit den Länderchefs.

(Foto: REUTERS)

Steigende Corona-Zahlen führen zu strengeren Beschränkungen: Darauf haben sich Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten geeinigt. Schulen und Kitas sollen aber offen bleiben.

Von Jan Heidtmann und Kristiana Ludwig, Berlin

Angesichts stetig steigender Corona-Infektionszahlen in Deutschland und den europäischen Nachbarländern haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer am Dienstag auf neue Schutzmaßnahmen für den Herbst geeinigt. In Landkreisen oder Städten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sollen künftig strengere Regeln für Veranstaltungen und erweiterte Maskenpflicht gelten. Auch "zeitlich eingegrenzte Ausschankverbote für Alkohol" sollen dann erlassen werden, heißt es in dem Beschluss.

Sofern der kritische Wert von 50 überschritten ist, sollen Zusammenkünfte in öffentliche Räumen auf 25 Gäste beschränkt werden. Für private Feste gelte dann eine "dringende Empfehlung", nicht mehr als zehn Personen einzuladen. Liegt der Wert bei 35 Neuinfektionen, soll die Grenze in öffentlichen Räumen bei 50 Personen liegen, im Privaten bei 25. "Wir wissen ja, dass wir im öffentlichen Räumen besser kontrollieren können, als wir das im privaten Raum können und wollen", sagte Merkel.

Weil die Gesundheitsämter in den vergangenen Wochen immer wieder vermeldet hatten, dass Bürger etwa bei Restaurantbesuchen fehlerhafte persönliche Daten hinterließen, einigten sich Bund und Länder zudem darauf, bei Falschangaben gegen die Gäste ein Mindestbußgeld von 50 Euro zu verhängen. Aufgabe der Betreiber von Restaurants oder auch Friseursalons sei es, die Plausibilität der Angaben zu prüfen. "Im Zweifelsfall muss man sich dann eben noch mal den Ausweis zeigen lassen", sagte Merkel. Das Bundesinnenministerium hatte aus demselben Grund bereits angekündigt, dass Bundespolizisten künftig die Angaben von Fluggästen mit deren Pässen abgleichen sollen. Von Mitte Oktober an sollen sich Einreisende aus Risikogebieten dann digital anmelden.

Für Schulen und Kitas soll es dem Papier zufolge hingegen auch bei steigenden Infektionszahlen möglichst nicht erneut zu flächendeckenden Schließungen kommen. Im Beschlusspapier heißt es, künftig sei die Bildung von getrennten Gruppen entscheidend. Im Falle einer Infektion genüge es dann, einzelne Gruppen nach Hause zu schicken, statt eine Einrichtung zu schließen. Für die kommende Erkältungszeit sei zudem eine "Teststrategie" nötig, die schnell Klarheit schafft, damit "möglichst keine Fehlzeiten entstehen".

Im Vorfeld des Treffens hatte Merkel ihre Sorge über steigende Infektionszahlen zum Ausdruck gebracht - und explizit die Lage in der Hauptstadt kritisiert: "Es muss in Berlin was passieren", sagte sie und äußerte Zweifel daran, dass die Landesregierung genug tue, um eine weitere Ausbreitung der Pandemie zu verhindern. Der eine Grund dafür ist das Infektionsgeschehen, der andere die Rolle von Berlin als Visitenkarte für Deutschland, hieß es dazu im Senat. Die Bürgermeister der Partnerstädte wie Los Angeles, Madrid oder Prag schauten demnach sehr genau, wie Berlin mit der Pandemie umgehe.

Die Infektionszahlen in Berlin waren in den vergangenen Tagen teils erheblich gestiegen, wobei die Gesamtwerte für die Stadt beherrschbar erscheinen. Anders verhält es sich in fünf Innenstadtbezirken. Drei von ihnen - Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg - weisen Inzidenzwerte von weit mehr als 30 auf, der Bezirk Mitte lag am Wochenende gar bei einem Wert von 54,7. Dabei hatte sich das Corona-Virus besonders stark in der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen verbreitet. Dies wird als weiterer Beleg dafür gesehen, dass in Berlin die Infektionsgefahr vor allem von jungen, feiernden Leuten ausgehe. Der Senat beschloss am Dienstag, dass private Feiern im Freien künftig nur noch mit maximal 50 Teilnehmern stattfinden dürfen. In geschlossenen Räumen gilt eine Obergrenze von 25 Teilnehmern. Darüber hinaus gilt in Berlin künftig eine Maskenpflicht in Büro- und Verwaltungsgebäuden. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte die Ordnungsämter der Bezirke kritisiert. Sie sind zuständig dafür, Regelungen wie die Maskenpflicht oder das Abstandsgebot durchzusetzen. "Wir haben das Problem, dass nur fünf Prozent der verhängten Bußgelder bis jetzt von den Ordnungsämtern vollstreckt wurden", sagte Müller. "Da ist noch Luft nach oben."

Das Robert-Koch-Institut hatte am Dienstag bundesweit 2089 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet. Den derzeit höchsten Wert hatte mit 98,3 die Stadt Hamm in Nordrhein-Westfalen, wo es bei einer Hochzeitsgesellschaft zu einem größeren Ausbruch gekommen war. Weltweit sind bislang mehr als eine Million Menschen an Covid-19 gestorben. Die Kanzlerin warnte, dass sich die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland in den vergangenen drei Monaten mehrfach verdoppelt habe. Wenn sich dieser Trend fortsetze, könne diese Zahl bis Weihnachten auf mehr als 19 000 pro Tag steigen.

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