Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Verfassungsschutz beobachtet Teile von "Querdenken"-Bewegung

Lesezeit: 2 min

Die Behörde befürchtet, dass die im Zuge der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen verbreiteten Verschwörungsmythen auch nach dem Ende der Pandemie nicht verschwinden werden.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet Personen und Gruppen innerhalb der "Querdenken"-Bewegung. Das teilte das Bundesinnenministerium in Berlin mit. Damit darf der Verfassungsschutz nun beispielsweise Daten zu bestimmten Personen aus der Szene sammeln. Insgesamt befürchtet die Behörde, dass die im Zuge der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen verbreiteten Verschwörungserzählungen auch nach dem Ende der Pandemie nicht verschwinden werden.

Da die Bewegung keinem der bisher bekannten Phänomenbereiche wie etwa Rechtsextremismus, Linksextremismus oder Islamismus zuzuordnen sei, sei eine neue Kategorie "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" geschaffen worden, teilte das Innenministerium mit. Die neue Kategorisierung ermögliche sowohl eine Bearbeitung als Verdachtsfall als auch als erwiesen extremistische Bestrebung, teilte das Ministerium mit.

Legitime Proteste und Demonstrationen gegen die Corona-Politik würden dabei immer wieder, in jüngerer Zeit zunehmend, instrumentalisiert und Eskalationen provoziert, begründete das Ministerium die Entscheidung. Anmelder und Organisatoren von Demonstrationen - vor allem Protagonisten der "Querdenken"-Bewegung - "zeigen zum Teil deutlich, dass ihre Agenda über die reine Mobilisierung zu Protesten gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen hinausgeht".

Verbindungen zu "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" sowie Rechtsextremisten seien "in Kauf genommen oder gesucht, das Ignorieren behördlicher Anordnungen propagiert und letztlich das staatliche Gewaltmonopol negiert" worden. Dies sei insgesamt geeignet, das Vertrauen in die staatlichen Institutionen und seine Repräsentanten nachhaltig zu erschüttern.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte Mitte April bereits gesagt, dass er diesen Schritt erwarte. "Wir haben diese Szene von Anfang an stark im Blick. Wir schauen uns genau an, wer da teilnimmt und wie das Verhalten ist", erklärte er. Probleme und die Gewaltbereitschaft in dieser Szene hätten zugenommen. Einige Landesbehörden für Verfassungsschutz beobachten die "Querdenken"-Bewegung bereits. So ist das in Baden-Württemberg der Fall. In Bayern beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz Teile davon.

Die sogenannten "Querdenker" zweifeln vielfach die Existenz des Coronavirus an oder halten die Folgen einer Infektion für nicht gefährlich. Daher lehnen sie auch die von Bund und Ländern auferlegten Einschränkungen des öffentlichen Lebens ab. Regelmäßig ruft die Bewegung zu Demonstrationen auf, wie auch am Mittwoch vergangener Woche, als der Bundestag die bundesweit gültige Notbremse beschloss. Die Regelung sieht ab bestimmten Sieben-Tages-Inzidenzen automatisch Ausgangssperren, die Schließung des Einzelhandels sowie Schulschließungen vor.

Im Messengerdienst Telegram kursieren einer Warnung des Bundeskriminalamtes zufolge Todesdrohungen gegen Mitglieder des Bundestages, die für diese bundeseinheitliche Regelung der Corona-Notbremse gestimmt haben. Das BKA sehe darin "erst mal keine Gefährdung für Abgeordnete", informierte die Sicherheitsbeauftragte der SPD-Fraktion die Mitglieder ihrer Fraktion in einem Schreiben, über das Reuters und der Tagesspiegel berichten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5278364
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.